Die FCZ-Helden: Part 2 – Torjäger Assan Ceesay

Das FCZ-Meister-Märchen kennt viele verschiedene Helden. In den kommenden Tagen wollen wir den wichtigsten von ihnen Tribut zollen. Part 2: Assan Ceesay – einst belächelt und verspottet, jetzt Meistermacher.

Assan Ceesay (28) avancierte in dieser Saison zum absoluten Schlüsselspieler auf dem Weg zum Titelgewinn. Mit zahlreichen Toren und Vorlagen (19/9) ballerte er sich in die Herzen der FCZ-Fans. Welchen Einfluss auf seine Entwicklung hatte Trainer André Breitenreiter – und geht seine Zeit beim Stadtclub bereits auf ihr Ende zu?

Vom Chancentod zum Topscorer

Im Sommer 2018 wechselte Assan Ceesay für fast zwei Millionen Franken vom FC Lugano zum FCZ. Eine Summe, die angesichts seines bis dato geringen Leistungsausweises im Schweizer Fussball für Kopfschütteln sorgte. Obwohl seine Einstellung immer stimmte, klebte dem Stürmer in seinen ersten Jahren in Zürich das Pech an den Füssen. Der Gambier war zwar sehr schnell, liess aber im Strafraum sämtliche Abschlussqualitäten vermissen. Nur: Stürmer werden an Toren gemessen – und diese wollten ihm einfach nie gelingen. Schnell wurde Ceesay daher mit Begriffen wie «Stolperi» und «Chancentod» abgeschrieben und verspottet.

Auch ein halbjähriger Leihwechsel zum VfL Osnabrück in die 2. Bundesliga liess den Knoten nicht platzen. Nur 11 Einsätze verzeichnete er in Deutschland, ein einziges Tor erzielte er dabei. Osnabrück wollte ihn nicht behalten und retournierte ihn an den FCZ. Doch auch dort war Ceesay weiterhin nicht vom Glück gesegnet, in der Folgesaison 2020/21 erspielte sich Ceesay in 32 Spielen gerademal 5 Torbeteiligungen – ein unterirdischer Wert für einen Super-League-Stürmer. So schien das Kapitel Ceesay im letzten Sommer endlich sein Ende zu nehmen, niemand ging davon aus, dass der FCZ in eine weitere Saison mit Ceesay gehen würde.

Doch es sollte ganz anders kommen. Mit der Anstellung von André Breitenreiter erwiesen die Canepas und Sportchef Marinko Jurendic ein goldenes Händchen. Der Deutsche zeigte sich im Umgang mit seinen Spielern äusserst akribisch und väterlich, jeden einzelnen seiner Schützlinge konnte er individuell besser machen. Am erstaunlichsten ist aber zweifellos, was Breitenreiter mit Ceesay anstellte: Der Gambier verwandelte sich in nur wenigen Monaten vom Superflop in einen der besten Stürmer der ganzen Liga. Ab dem 1. Spieltag zeigte sich Ceesay wie ausgewechselt und kam brilliant aus den Startlöchern: In den ersten 4 Partien sammelte er 5 Scorerpunkte, am 9. Spieltag glückte ihm gegen Sion zudem ein Viererpack. Einen Spieltag vor Schluss steht er nun als Meisterheld mit 19 Treffern auf Rang 2 des nationalen Torschützenklassements – eine wahrlich wundersame Verwandlung.

Endlich seinen Stärken entsprechend eingesetzt

Entscheidend für Ceesays Leistungsexplosion waren nicht nur zahlreiche Vier-Augen-Gespräche mit ex-Bundesliga-Stürmer Breitenreiter vor Saisonbeginn, sondern auch die taktische Ausrichtung, die dieser der Mannschaft verpasst hatte. Der FCZ überraschte seine Gegner mit schnellem Umschaltfussball in einem 3-5-2-System, wobei dem gambischen Stossstürmer eine Schlüsselrolle zukommt. Nach Ballgewinn im Mittelfeld wird Ceesay sofort mit steilen Zuspielen in die Tiefe geschickt, wobei er seine hohe Geschwindigkeit perfekt ausspielen kann.

Mit vollem Tempo dringt er so in den Strafraum ein und sucht direkt den Torabschluss. Er muss nicht kombinieren, sich nicht fallen lassen und nicht mit dem Ball am Fuss auf die Gegner zulaufen – sondern er muss einfach nur im Vollsprint hinter die Abwehr gelangen und erhält dann dort den Ball. Dank diesem einfachen taktischen Mittel blühte der Gambier auf und erzielte infolge des berühmten Ketchup-Effekts plötzlich Tor um Tor. Endlich verstand es ein Trainer, Ceesays athletische Vorteile strategisch zu nutzen – und wurde dafür prompt mit dem Meistertitel belohnt.

Expected-Goals-Statistik hätte er in dieser Saison nur etwas über 11 Treffer erzielen sollen. Ceesay hat aus seinen Chancen also deutlich mehr herausgeholt, als erwartbar gewesen wäre. Spielglück, Fehler der Gegner und eine überraschende Kaltschnäuzigkeit im Strafraum schraubten seine Ausbeute höher nach oben, als statistisch gesehen möglich gewesen wäre. Das plötzliche Abschlussglück ist aber nicht nur ein gutes Zeichen: Übertreffen Spieler ihre Expected Goals in diesem Masse, ist bei ihnen in den Folgejahren mit einem Einbruch zu rechnen. Gut möglich also, dass Ceesays Traumsaison in dieser Form nicht wiederholt werden kann.

Offene Zukunft

Ceesay spielt die Saison seines Lebens und wird seinen Output kaum mehr verbessern können. Die Spielzeit 2021/22 wird ihm aber niemand mehr nehmen. Der Gambier hat Historisches vollbracht und den FCZ zum Titel geschossen. In Zürich dürfte er zu einer Legende aufsteigen, gerade auch, weil seine Metamorphose alle überraschte. Ceesay steht damit stellvertretend für die Transformation, die der FCZ in diesem Jahr unter Breitenreiter durchlaufen hat: Vom Abstiegskandidaten in der Vorsaison zum Champion.

Noch ist unklar, ob Ceesay dem Meister erhalten bleibt. Sein Vertrag läuft im Juni aus, mit 28 Jahren ist für ihn nun der Moment gekommen, um an die finanzielle Absicherung zu denken und einen lukrativen Vertrag zu unterschreiben. Der FCZ wird sein Gehaltsgefüge nicht sprengen, um ihn zu halten. Sein Abgang scheint daher Tag für Tag realistischer. Dass er aber in Basel oder Bern landet, wie von gewissen Stellen bereits prophezeit, ist kaum vorstellbar. Seine Berater bieten ihn zurzeit vielen verschiedenen Vereinen an, dass er aber tatsächlich bei einem direkten Konkurrenten landet, ist ausgeschlossen. Viel wahrscheinlicher dürfte ein Wechsel in den arabischen Raum sein, wo dicke Verträge locken.

Wie auch immer Ceesays Zukunft aussieht: In Zürich hat er sich als Gesicht der Meistermannschaft unsterblich gemacht.

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