Filip Stojilkovic bewegt sich in der Schweiz nach wie vor unter dem Radar – zu Unrecht: Der Mittelstürmer besticht durch eine tolle Trefferquote. An der U21-EURO könnte seine Chance gekommen sein.
Ein sicherer Wert in der Qualifikation zur U21-EURO
Eines der unbekannteren Gesichter im Schweizer U21-EURO-Kader von Mauro Lustrinelli ist Filip Stojilkovic (21). Der gebürtige Zürcher war schon in der Qualifikation ein sicherer Wert. In 7 Teileinsätzen erzielte er 2 Tore, beide in der Nachspielzeit. Während das erste lediglich das Skore gegen Liechtenstein auf 5:0 hochschraubte, war sein zweiter Streich für die U21-Nati von grosser Wichtigkeit: Gegen Aserbaidschan, im zweitletzten Spiel der Qualifikation, erzielte Stojilkovic per Kopfball den erlösenden 2:1-Siegtreffer.
Lustrinelli brachte Stojilkovic stets als Joker. Und das aus gutem Grund: Während Andi Zeqiri als technisch beschlagener Fussballer die erste Wahl in der Spitze ist, bringt Sturmtank Stojilkovic ganz andere Qualitäten mit, die gerade in der Schlussphase eines Spiels sehr wertvoll sein können: Physische Wucht (1,86m gross, breit gebaut) und Aggressivität.
Via Hoffenheim in die Super League
2018 wechselte Stojilkovic aus dem FCZ-Nachwuchs in die Jugendakademie der TSG Hoffenheim. Mit etlichen Toren in der Swiss Elite League empfahl er sich für die Deutschen Scouts. In Hoffenheim hinterliess die Sturmkante durchaus Eindruck: In der Youth League 2018/19 gelangen ihm in 7 Partien starke 4 Treffer: Einem Doppelpack gegen Olympique Lyon liess er je ein Tor gegen Manchester City und Real Madrid folgen. Nach einem guten und lehrreichen Jahr in Hoffenheim mit insgesamt 15 Torbeteiligungen in 27 Partien für die U19, entschloss sich Stojilkovic im Sommer 2019 zum Schritt zurück in die Schweiz. Hoffenheim bot ihm zwar einen Platz in der zweiten Mannschaft an, doch er wollte sofort zu einer Profimannschaft.
Er entschied sich für den FC Wil, in der Talenttruppe von Ciriaco Sforza peilte er 2019/20 seinen Durchbruch im Profifussball an. Und dieser liess nicht lange auf sich warten: Bei seinem ersten Startelfeinsatz für die Ostschweizer erzielte er prompt seinen ersten Treffer im Herrenbereich. Bis zur Winterpause war Stojilkovic unaufhaltsam. In 18 Spielen resultierten 12 Scorerpunkte (8 Tore, 4 Assists), darunter ein Hattrick gegen Stade-Lausanne-Ouchy, und eine verdiente erstmalige Berufung in die Schweizer U-21-Auswahl.
Nach diesem tollen Halbjahr klopfte im Winter 2020 bereits die Super League an. Stojilkovics starke Leistungen blieben selbstredend nicht unbemerkt. Der FC Sion sicherte sich die Dienste des Ballermanns für rund eine halbe Million. Ein toller Transfer für die Walliser, betrachtet man Stojilkovis Leistungen in der Challenge League und sein weiteres Entwicklungspotential. Für den jungen Stürmer ging der rasante Aufstieg weiter, nur ein halbes Jahr nach seiner Rückkehr in die Schweiz durfte er sich bereits Super League-Fussballer nennen.
Neustart in der Challenge League
Beim FC Sion lief es aber nicht wie gewünscht: Bis zur Corona-Unterbrechung blieb Stojilkovic blass, nach dem Restart traf er nur einmal und figurierte teilweise nicht einmal im Kader. Das unruhige Umfeld, der Erwartungsdruck und die sportliche Talfahrt halfen nicht. Mit der Ankunft von Fabio Grosso vor der aktuellen Saison, wurde Stojilkovic gar in the U21 verbannt.
Um seine Karriere nicht früh in eine Sackgasse verlaufen zu lassen, liess er sich auf die Saison 2020/21 hin zum FC Aarau ausleihen. Zurück in der Challenge League blüht Stojilkovic wieder auf, 10 Tore und 2 Vorlagen stehen bislang zu Buche, was ihn zum FCA-Toptorschützen macht. Im Aargau hat die Stürmerhoffnung seinen Biss und seine Durchschlagskraft wieder gefunden. Exemplarisch dafür sein Tor im Cup gegen den FC Sion, das seinen Stammklub aus dem Wettbewerb warf und das er frenetisch bejubelte. Ein klares Signal in Richtung Wallis? Medial liess er jedenfalls bereits verlauten, im kommenden Sommer nicht mehr zurück zum FC Sion zu wollen.
Mit tollen Auftritten an der U21-EURO dürfte er sich für andere Klubs interessant machen. Stojilkovic ist mit 21 Jahren nach wie vor im Talentalter, liefert aber bereits verlässlich Tore und hat eine deutlich bessere Trefferquote als viele gleichaltrige Sturmhoffnungen. Sein grosser Einsatzwille und sein Kämpferherz sind weitere Elemente, die ihn von der grauen Masse abheben.
Spielerprofil
Filip Stojilkovic bringt ein äusserst interessantes Profil mit: Neben grossem Torhunger und physischer Stärke zählen ein hervorragender rechter Fuss, eine Grundaggressivität und die Fähigkeit, am richtigen Ort zu stehen, zu seinen grössten Qualitäten. Seinem robusten Körperbau und der Breitschultrigkeit zum Trotz, ist Stojilkovic ziemlich schnell. Wird er mit einem Steilpass in die Tiefe geschickt, ist er dank seinem Tempo und seiner Wucht fast nicht mehr abzufangen.
Vielleicht technisch nicht der Beschlagenste und fussballerisch nicht der Eleganteste, sind es pure Kraft, Killerinstinkt und unbändiger Einsatzwille, die ihn zu einem extrem spannenden und seltenen Spielertypus machen. Anders als viele andere Talente, die allesamt hübsch dribbeln und tolle Haken schlagen, wirkt Stojilkovic nicht wie im Reagenzglas gezüchtet. Man erkennt in seinem Spielstil die Kämpferseele aus dem Zürcher Kreis 4, die schon als Kind gegen alle Widrigkeiten ankämpfen musste.
Stojilkovic erzielt seine Tore vor allem in der Box, mit seinem Näschen verwertet er Abpraller oder Touch-Ins ohne mit den Wimpern zu zucken. Vor dem Tor spielt er seine Wucht und seine Überzeugung exzellent aus. Hie und da lässt er vielleicht noch etwas die Präzision oder die technische Sauberkeit vermissen, agiert aber alles in allem schon sehr abgeklärt. Verbesserungspotential lässt sich auf jeden Fall auch in seinem Kopfballspiel verorten, für einen Spieler mit seiner Physis trifft er noch zu selten per Kopf.
Alles in allem lässt sich aber konstatieren, dass Stojilkovic mit 21 Jahren ein äusserst vielversprechendes Profil mitbringt. Durch seinen bisherigen Karrierweg und seine Spielart hebt er sich von seinen Altersgenossen ab und lässt immer noch Raum für Weiterentwicklungen offen.
Für die U21-Nati könnte er als „Super-Joker“ an der EURO viel bewegen. Einen Spieler wie Stojilkovic im Kader zu haben, der alles reinwirft was er hat und von einer aggressiven Lust auf Tore angetrieben wird, ist für jeden Trainer ein Luxus. Mauro Lustrinelli hat bewiesen, dass er viel von seinem Schützling hält und ihn gut einzusetzen weiss.
Auch perspektivisch für die A-Nati könnte Stojilkovic zu einer interessanten Option werden, vor allem, sollten ihm nach der EURO wie erhofft Türen aus grösseren Ligen aufgehen.
Es dürfte nicht mehr lange dauern, bis sein Name in der Schweiz auch über die Challenge League hinaus bekannt ist…
Stojilkovis Weg zum FCA: https://www.aargauerzeitung.ch/sport/aargau/weniger-geld-fur-mehr-spielpraxis-filip-stojilkovic-will-sich-beim-fc-aarau-fur-die-grosse-fussballbuhne-empfehlen-ld.2071556
U21-Kader im Überblick: https://de.uefa.com/under21/news/0267-11ce46248f0f-a9defdf22b88-1000–u21-euro-alle-kader-im-uberblick/
Überflieger Stojilkovic: https://www.aargauerzeitung.ch/sport/aargau/der-fc-aarau-gibt-vollgas-abwehrchef-bergsma-und-mittelsturmer-stojilkovic-als-uberflieger-ld.1314211