«Mein Herzensklub ist der FCZ» – Interview mit FCZ-Youngster Bledian Krasniqi

Er ist nach zwei Leihjahren in der Challenge League zurück im Oberhaus: FCZ-Rohdiamant Bledian Krasniqi (20) spricht mit Bolzplazz über seine Entwicklung unter Alex Frei, unvergessliche Momente mit der Nati und seine berüchtigten Tempodribblings.

Nachträglich alles Gute zum Geburtstag: Im letzten Monat bist du 20 geworden. Konntest du ein wenig feiern?

Danke! Mein Geburtstag fiel gerade mit dem Trainingsstart zusammen, daher konnte ich nicht allzu ausgiebig feiern. Ein Essen zuhause mit der Familie lag aber drin.

Ihr steht in der heissen Phase der Saisonvorbereitung, in wenigen Tagen ist Saisonstart. Nimmt die Intensität langsam zu?

Im Gegenteil, sie nimmt eher ab: Die Einheiten werden kürzer. Vor zwei Wochen im Trainingslager war es viel intensiver mit Läufen, Konditionsübungen etc. Jetzt geht es langsam in Richtung Meisterschaft, daher ist wichtig, dass wir fit sind und in einen Meisterschafts-Rhythmus kommen.

Beim FCZ steht mit André Breitenreiter ein neuer Coach an der Seitenlinie. Was für ein Typ ist er?

Ein toller Typ: Er ist ein ehrlicher Mensch, man weiss, was man von ihm kriegt. Man weiss sofort, was er von dir denkt und was er von dir verlangt. Das gefällt mir sehr gut.

Er kann auf viele Erfahrungen aus der Bundesliga zurückgreifen: Hat er dir bereits individuelle Ratschläge erteilt?

Ja, auf jeden Fall. Als Bundesligatrainer ist er taktisch auf einem sehr hohen Level. In diesem Bereich hat er mir bereits vieles zeigen können und ich bin sicher, dass im nächsten Jahr noch viel dazukommen wird.

Was für einen Fussball will Breitenreiter mit euch spielen lassen?

Einen attraktiven Offensivfussball mit vielen Umschaltmomenten. Wenn wir den Ball erobern, wollen wir sofort das Tor suchen.

„Ich war schon 2009/10 bei den Champions League-Nächten im Stadion.“

Die Verpflichtung von Breitenreiter war ein kleines Ausrufezeichen. Ist mit dem FCZ in der nächsten Saison zu rechnen?

Mit dem FCZ ist immer zu rechnen! Wir stellen immer hohe Ansprüche an uns. Über Saisonziele reden wir aber nur intern.

In der Tat wirkt es so, als sei frischer Wind in den Verein gekommen. In den letzten Jahren blieb man unter den eigenen Erwartungen.

Ich war schon 2009/10 bei den Champions League-Nächten im Stadion. Diese Erinnerungen sind mir noch heute präsent. In den letzten drei Jahren ist es weniger gut gelaufen als erhofft. Wir wollen im nächsten Jahr gemeinsam wieder einen Schritt vorwärts machen.

Dein Profi-Debüt für den FCZ hast du 2018 in der Europa League gegeben: Gegen Larnaka wurdest du in der Pause eingewechselt. Was ist dir von diesem Tag geblieben?

Ich war stolz, dass ich als 17-Jähriger überhaupt im Europa League-Aufgebot stand. Als wir in der Halbzeit in die Garderoben gingen, hätte ich nie erwartet, dass ich reinkommen würde. Aber plötzlich kam der Trainer zu mir und sagte: «Bledi, du kannst dich warmmachen.» Ich schaute ihn an und fragte: «Also komme ich rein?», und er sagte ja und schickte mich aufs Feld.

Du standst auch im Sechzehntelfinale gegen Napoli auf dem Rasen, deine Gegenspieler hiessen Insigne, Mertens und Koulibaly. Konntest du nach dem Spiel mit den Stars noch ein paar Worte wechseln?

Während dem Spiel ist man extrem auf sich und seine Leistung fokussiert und man vergisst den grossen Gegner etwas. Auch Worte wechselt man nicht. Wenn man bei einem Spielunterbruch allerdings nach draussen blickte und Ancelotti an der Seitenlinie stand, war das schon speziell und es kamen einem die Champions-League-Finals in den Sinn, die dieser Mann erlebt hatte. Nach dem Spiel bekam ich zudem das Trikot von Koulibaly. Alles in allem war diese Partie eine top Erfahrung, die mich als Spieler weiterbringen wird.

Noch hast du keinen Super League-Einsatz für den FCZ absolviert. Das dürfte sich aber in der neuen Saison ändern. Was für eine Rolle ist dir zugedacht?

Ich würde gerne meinen Beitrag dazu leisten, dass der FCZ eine erfolgreiche Saison spielt. Aber eine klare Rolle ist mir nicht zugetragen worden. Ich arbeite hart und gebe alles, um möglichst viele Einsätze zu haben.

„Alex Frei hat mich als als Spieler geformt.“

Du hast die letzten zwei Spielzeiten auf Leihbasis beim FC Wil verbracht. Es waren für dich persönlich zwei sehr erfolgreiche Jahre, du warst stets Stammspieler. Mit welchen Gefühl bist du in diesem Sommer aus dem Bergholz zurück ins Letzigrund gewechselt?

Ich bin nun viel reifer und habe deutlich mehr Erfahrung. Mittlerweile habe ich als 20-Jähriger 70 Pflichtspiele in den Beinen, für einen jungen Spieler ist das sehr wichtig.

Du hast eine beeindruckende Entwicklung genommen: Während du unter Sforza 2019/20 3 Scorerpunkte gesammelt hast, waren es unter Frei 2020/21 deren 7. In welchen Bereichen hat dich Alex Frei weitergebracht?

Alex Frei hat mich als Spieler geformt. Er gab mir auf dem Platz viele Freiheiten, was ich ihm mit guten Leistungen und mehr Scorerpunkten zurückzahlen konnte.

Wie würdest du deine Rolle beschreiben, die du beim FC Wil in der letzten Saison innehattest?

Ich würde schon sagen, dass ich trotz meines jungen Alters zu den Führungsspielern zählte. Auch als 19-Jähriger gehörte ich zu den Leistungsträgern, man erwartete immer gute Performances von mir.

Frei ist ein junger Trainer. Was traust du ihm in seiner weiteren Laufbahn zu?

Sehr viel! Spielvorbereitung, Nachbereitung und Trainingssteuerung leitete er bereits wie ein Trainer mit langjähriger Erfahrung.

Ihr hattet keine einfache Saison, ein stetes Auf und Ab. Welche persönlichen Lehren kannst du aus dieser turbulenten Spielzeit mitnehmen?

In der letzten Saison steckten wir mit Wil im Abstiegskampf, das hat mich persönlich weitergebracht. Nicht nur positive Erlebnisse, wie beispielsweise ein Aufstieg, heben dich auf das nächste Level, auch der knallharte Abstiegskampf kann das erreichen. Ich kann mich an ein Heimspiel gegen Chiasso erinnern, als ich wirklich grossen Druck verspürte. Hätten wir die Partie verloren, wäre es nochmals sehr eng geworden. Obwohl wir in Rückstand lagen, konnten wir am Ende noch mit 3:2 gewinnen. Solche Spiele bringen dich weiter.

Der FC Wil fährt ein interessantes Projekt als Ausbildungsklub für junge Spieler. Etliche FCZ’ler waren in der letzten Saison dort: Neben dir waren das Maren Haile-Selassie, Ilan Sauter, Henri Koide und Lavdim Zumberi. Wie war es für dich, so viele bekannte Gesichter um dich herum zu haben?

Nicht nur deswegen, auch sonst war die Stimmung bei Wil top. Wir kennen uns alle seit wir 12 Jahre alt sind. Dass wir alle zusammenspielen konnten, war schön. Wenn du in die Garderobe kommst, und gefühlt die Hälfte der Spieler vom FCZ sind, dann hilft dir das bei der Integration sehr.

„Meine beste Position ist nicht auf der 10, sondern etwas weiter zurückgezogen.“

Beim FC Wil tummeln sich viele interessante Talente. Welchem Mitspieler traust du eine grosse Karriere zu?

Da muss ich kurz nachdenken. Maren Haile-Selassie würde ich sagen. Ihn machen sein Spielverständnis, sein Eins-gegen-Eins und seine Schnelligkeit sehr stark.

An welchen Moment im FCW-Trikot wirst du dich dein Leben lang erinnern?

Eine gute Frage. Das Cupspiel gegen den FCZ, als wir 1:0 in Führung gingen. Ich hatte diese Aktion sogar eingeleitet. Am Ende verloren wir leider trotzdem. Ein schöner Assist gegen Schaffhausen ist mir auch geblieben.

Anm. d. Red.: Krasniqi lobte den Ball elegant über die gesamte FCS-Hintermannschaft.

Deine Anlagen prädestinieren dich zu einem offensiven Mittelfeldspieler. Aber wo siehst du deine beste Position?

Meine beste Position ist tatsächlich nicht auf der 10, sondern etwas weiter zurückgezogen. Ich habe das Spiel gerne vor mir, damit ich mit meinen Tempodribblings die Linien durchbrechen und meine Mitspieler lancieren kann. Am Wohlsten fühle ich mich auf der 8, als alleiniger Sechser kommen meine Stärken meines Erachtens zu wenig zur Geltung.

Was sind deine grössten Stärken als Spieler? Und woran musst du noch arbeiten?

Meine grösste Stärke ist das Tempodribbling. Wenn ich hinten den Ball bekomme und offenen Raum vor mir sehe, versuche ich mit dem Ball am Fuss Meter zu gewinnen und so die Linien zu überspringen. An der allgemeinen Defensivarbeit kann ich aber sicher noch arbeiten, gerade am Stellungsspiel. Ich spiele oft auf der Doppelsechs, wobei mein Partner dann defensiv meistens stärker ist als ich. Wenn ich in diesem Bereich also nochmals einen Schritt machen kann, dann wäre das für meine gesamte Entwicklung ein grosser Vorteil.

Was ist wichtiger im modernen Fussball: Technik oder Tempo?

Ich würde sagen Spielintelligenz! Mit ihr kann man vieles wettmachen. Es ist egal wie schnell du bist, wenn dein Gegenspieler vorausdenkt, hast du keine Chance. Mit einer guten Spielintelligenz bist du auf dem Platz handlungsschneller, kannst das Spiel besser lesen und Situationen schneller erkennen.

Wie schätzt du deine persönliche Spielintelligenz ein?

Ich könnte mich sicher mehr vororientieren, teilweise auch mit weniger Ballkontakten spielen. Insgesamt denke ich ist sie aber auf einem guten Niveau.

„Ich bin im Männerfussball angekommen.“

Ein Spieler mit hervorragender Spielintelligenz hat an dieser EURO besonders aufgetrumpft: Spaniens Pedri. Orientierst du dich ein Stück weit an ihm?

Ja, ehrlichgesagt schon. Ich habe ihn an der EM intensiv verfolgt. Andere Spieler, auf die ich mich ebenfalls besonders achte, wären Modric und Coutinho, der leider in den letzten Jahren ein wenig abgetaucht ist.

Wenn du der Spieler, den du heute bist, mit jenem vergleichst, der 2019 zum FC Wil ging: Wo hast du die grössten Sprünge gemacht?

Im Kopf. Ich bin viel freier auf dem Platz und im Männerfussball angekommen. Das ist das Wichtigste für einen jungen Spieler, dass er bei den Profis so locker aufspielen kann, wie er es im Nachwuchs getan hat. Wenn du frei spielen kannst, kommen deine Stärken am meisten zur Geltung.

Der FCZ hat dir einen Vertrag bis 2024 gegeben und dich für deine gute Entwicklung belohnt. Was sind deine persönlichen Ziele in der neuen Saison?

Wie am Anfang bereits angetönt, will ich eine gute Rolle spielen, damit wir eine erfolgreiche Saison absolvieren können. Ich will einfach sicher mehr Spielminuten sammeln, als das vor zwei Jahren der Fall war.

Du hast beim FCZ eine spezielle Rückennummer erhalten: Die 7. Wie kommt’s?

Als ich den Vertrag unterschrieb, habe ich einfach mal gefragt, welche Nummern noch frei seien – und die 7 war noch frei. Also habe ich mir gedacht «warum nicht?».

Wie wurdest du vom Kader nach deiner Rückkehr empfangen?

Sehr gut, aber ohne eine spezielle Willkommensparty.

Du bist seit letzten Herbst Teil der Schweizer U20-Nati. Die U20-Stufe ist bekanntlich nur eine Zwischenstufe, die Zusammenzüge finden in unregelmässigen Abständen statt. Kann so überhaupt ein Teamgefüge entstehen?

Auch wenn man sich in der Nati jeweils lange Zeit nicht sieht, funktioniert der Teamspirit. Denn alle Spieler sind extrem motiviert hierherzukommen. Man will besser sein als die anderen Nationen, das schweisst zusammen.

Gibt es gewisse Spieler in der U-Nati, mit denen du ein besonders Verhältnis pflegst?

Ja, mit Simon Sohm. Mit ihm habe ich im FCZ-Nachwuchs stets zusammengespielt, uns verbindet ein gutes Verhältnis.

Du hast seit der U16 alle Nachwuchsauswahlen durchlaufen. Der SFV hat also grosse Pläne mit dir.

So genau weiss ich das nicht! (lacht) Bisher wurde ich für die verschiedenen Nachwuchsnationalteams aufgeboten und werde hart arbeiten, dass ich bald auch ein Aufgebot für die U21-Auswahl erhalte.

„Wir zeigten in England vor 10’000 Zuschauern eine riesige Leistung und gingen vor der Pause nach einem Tor von Mambimbi mit 1:0 in Führung.“

Also ist es ein konkretes Ziel von dir, in die U21-Nati aufzurücken?

Ja, auf jeden Fall. Wenn ich jetzt in der Super League spiele und meine Leistungen bringe, dann ist es sicher ein realistisches Ziel, dass ich mich für die U21-Nati empfehlen kann.

Hat es bereits Kontakt mit Mauro Lustrinelli gegeben?

Noch nicht.

Gibt es ein spezielles Spiel in deiner U-Nati-Karriere, an das du dich gerne zurückerinnerst?

Ja, in der Tat: Das Spiel gegen England an der U17-EM. Damals mussten wir mit zwei Toren Differenz gewinnen, um in die nächste Runde einzuziehen. Wir zeigten in England vor 10’000 Zuschauern eine riesige Leistung und gingen vor der Pause nach einem Tor von Mambimbi mit 1:0 in Führung. Das zweite Tor haben wir dann leider nicht mehr gepackt, was eine grosse Enttäuschung war. Aber den Sieg haben wir trotzdem geholt.

Du hast mit etlichen Schweizer Talenten zusammengespielt. Wer ist deiner Ansicht nach zurzeit das grösste Schweizer Juwel?

Es gibt so viele, das ist echt schwer. Wir haben hier sicher einen unter uns, der dieses Prädikat verdient: Becir Omeragic. Auch Simon Sohm schätze ich sehr hoch ein. Es gibt noch zahlreiche weitere, aber ich bleibe jetzt mal bei diesen zwei FCZ’lern.

Also darf man sich als Nati-Fan auf die Zukunft freuen?

Zu 100%!

Es ist kein Geheimnis, dass es bereits Kontaktversuche des kosovarischen Verbandes gab. Ist auch der Kosovo für dich zukünftig eine Option?

Im Moment konzentriere ich mich einfach auf den FCZ und die U21-Nati.

Was sagst du zu den EM-Leistungen der Schweiz?

Es war eine tolle EM! Gerade natürlich der Sieg gegen Frankreich. Nach dem Italien-Spiel war ich zuerst ein wenig skeptisch, ob das wirklich noch etwas wird, aber gegen die Türkei konnten sie den Schalter nochmals umlegen.

Kann man eigentlich Profispieler und Fan zugleich sein?

Ja, sicher. Ich war sogar ein paar Mal an einem Public Viewing! Sonst schaute ich den Match jeweils zuhause mit Kollegen. An dieser EM war ich ein echter Fan, ich habe mit der Schweiz stark mitgefiebert.

„Mein Herzensklub ist der FCZ.“

Was wird der nächste Schritt sein, den du nach dem FCZ anpeilen willst?

Zuerst einmal wäre es bereits mein Traum, wenn ich für den FCZ Stammspieler werden könnte. Der Verein liegt mir am Herzen, ich bin seit der U8 hier. Ich habe immer schon davon geträumt im Letzi zu spielen.

Gibt es im Ausland einen Herzensklub?

Nein, nicht wirklich. Mein Herzensklub ist der FCZ.

Zum Abschluss ein kleines Quickfire: Ich gebe dir jeweils zwei Optionen, von denen du diejenige wählst, die dir lieber ist.

Lieber ein Freistosstor oder zwei Assists?

– Freistosstor.

Lieber ein Siegtor in der 90. oder ein Doppelpack?

– Siegtor in der 90.

Stadt Zürich oder Stadt Wil?

– Stadt Zürich.

Aufgebot mit der A-Nati oder Wechsel in eine Topliga?

– Das hängt zusammen. Das eine geht nicht ohne das andere.

Vertrag bei Bayern oder Vertrag bei Dortmund?

– Vertrag bei Bayern.

Italien oder England?

– England.

Netflix oder PS?

– Netflix.

Coop oder Migros?

– Migros.

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