Swiss Talent Watch: Esey Gebreyesus – Eine Schweizer Sturmhoffnung in Marseille

In der Serie „Swiss Talent Watch“ stellt Bolzplazz jeweils ein Schweizer Talent vor. Der 15. Beitrag ist Esey Gebreyesus gewidmet.

Darf man vorstellen? Esey Gebreyesus: 17 Jahre alt, geboren in Zürich und nun im Nachwuchs von Olympique Marseille. Mit Jahrgang 2004 ist er bis dato der jüngste Spieler, den wir bei „Swiss Talent Watch“ unter die Lupe genommen haben. Und eins vorneweg: Trotz seines jungen Alters, darf Gebreyesus bereits jetzt zu den aufregendsten Schweizer Talenten gezählt werden.

Das Fussballspielen erlernte er beim Grasshopper Club Zürich. Früh werden die Scouts auf ihn aufmerksam, denn was der hochtalentierte Junge im Spiel zeigt, ist schlichtweg spektakulär. Am Ball kann Gebreyesus nämlich praktisch alles und er scheut sich auch nicht, seine verrückten Tricks unter Wettkampfbedingungen zu zeigen. Auf Youtube finden sich Highlight-Clips und Skill-Challenges, die sein besonderes Talent hervorheben. Seine bemerkenswerten technischen Fähigkeiten kombiniert Gebreyesus mit viel Tempo und Explosivität. Das Gesamtpaket prädestiniert ihn zum hochmodernen Flügelstürmer.

Und auf genau dieser Position sorgt der 17-Jährige bei GC für viel Betrieb. Obwohl er sich etwas wohler auf der linken Seite fühlt, kann Gebreyesus genauso gut am rechten Flügel wirbeln. Ständig sucht er im Spiel das Eins gegen Eins, mit seinen unberechenbaren Dribblings und seinem ungeheuren Tempo lässt er die Gegenspieler der Reihe nach stehen und ist so im Stande, alleine ganze Abwehrreihen zu durchbrechen. Er verkörpert als unerschrockener, frecher Aussenstürmer einen Spielertypen, der immer wichtiger wird: Einerseits braucht es diese risikofreudigen Dribbelkünstler, um Räume und Chancen gegen tiefstehende Gegner zu kreieren, andererseits ist heutzutage beim (jungen) Publikum niemand beliebter als solche Spektakelkicker: Neymar, Mbappé, Sancho und co. lassen grüssen.

Früh wurde Gebreyesus bereits als „Swiss Neymar“ betitelt. Gewisse Parallelen im Spielstil sind nicht von der Hand zu weisen. Anders als der brasilianische Superstar, ist das Schweizer Juwel trotz dem Rummel um ihn am Boden geblieben und verzichtet auf Extravaganzen. Dass die Erwartungen an ihn sehr hoch sind, ist er sich gewohnt, doch er geht damit ganz cool um und lässt sich nicht von seinem Weg abbringen. Yves Débonnaire, sein ehemaliger Trainer in der Schweizer U-Nati, zeigt sich voll des Lobes über Gebreyesus:

„Er hat immer ein Grinsen im Gesicht, das ist im Fussbal wichtig. Er gibt der Mannschaft sehr viel, sei es innerhalb der Gruppe oder auf dem Feld. Er will lernen, er hört zu. Er ist ein positiver Typ.“

Yves Débonnaire, via lematin.ch

Wenig überraschend, dass der Wirbelwind fester Bestandteil der Schweizer U16-Auswahl war. Bereits in seinem zweiten Einsatz erzielte er sein erstes Länderspieltor – das siegsichernde 3:1 gegen Italien. In naher Zukunft dürfte ein erstes Aufgebot in die Schweizer U18 folgen. Gebreyesus jedenfalls spielt in den Plänen des SFV eine grosse Rolle.

Ebenfalls fest eingeplant war er bei GC. Doch seine Qualitäten erregten auch über die Landesgrenzen hinaus Aufmerksamkeit. Nach starker Entwicklung in der U18 der Grasshoppers, klopfte im vergangenen Winter plötzlich Olympique Marseille an. Für eine nicht näher bekannte Summer verliess Gebreyesus die Schweiz und schloss sich der Nachwuchsakademie des 9-fachen französischen Meisters an. Ein grosser Schritt für einen 17-Jährigen, doch er hat sich scheinbar gut eingelebt.

Bereits nach kurzer Zeit gab es Berichte darüber, dass er im Training der U19 positiv herausrage. Diesen Eindruck konnte Gebreyesus bis zum Ende der Saison bestätigen. Vor wenigen Wochen folgte dann der Lohn: Gemeinsam mit einigen anderen Nachwuchsspielern wurde er ins Trainingslager der Profis eingeladen. Plötzlich hiessen seine Mitspieler Dimitri Payet, Boubacar Kamara oder Steve Mandanda. Doch das schien ihn nicht gross zu beeindrucken.

Mit tollen Leistungen im Training empfahl sich Gebreyesus für erste Auftritte mit der 1. Mannschaft. Im allerersten Testspiel der Saison feierte er denn auch sogleich seine Premiere im Kreise der Topstars. Gegen Viertligist Martigues war es Gebreyesus höchstpersönlich, der zum 3:0-Endstand traf. Nach einem feinen Schnittstellenpass liess er den Torwart frech aussteigen und vollendete abgebrüht. Eine kleine Szene, die seine grossen Qualitäten hervorstreicht. Gerade das freche, aber zielführende Dribbling gegen den Keeper ist sinnbildlich für diesen dynamischen Angreifer und zeigt vor allem eines auf: Gebreyesus ist ein Zocker. Völlig zu Recht feierten die Marseille-Fans ihr neues Toptalent nach dem gelungenen Debüt im Netz ab.

Die Szene im Video ab 3:15

Eine erste Duftmarke hat Gebreyesus bei den Profis also hinterlassen. Nach dem erfolgreichen Trainingslager geht es für ihn aber erstmal zurück in die U19. Dort hat die Saison bereits begonnen und ihm ist eine zentrale Rolle zugedacht. Die U19 von Olympique Marseille darf in der 4. Liga an den Start gehen, Gebreyesus wird in den nächsten Wochen und Monaten demzufolge reichlich Erfahrung im Herrenbereich sammeln.

Der Schweizer Rohdiamant ist aber noch lange nicht am Ende seiner Entwicklung. Obwohl er in Frankreich weiter gereift zu sein scheint, kann er aus seinem grossen Potential noch viel mehr herauskitzeln. Roman Hangarter, Leiter des Nachwuchsleistungszentrums von GC, sagt über seinen ehemaligen Schützling:

„Es ist schön, ihm beim Spielen zuzusehen. Er ist ein Künstler, aber noch nicht sehr effektiv. (…) Ihm fehlt noch die Vollstrecker-Mentalität.“

Roman Hangarter, via lematin.ch

Gebreyesus‘ ehemaliger Wegbegleiter ist aber dennoch überzeugt, dass er sich in seiner neuen Umgebung optimal weiterentwickeln wird und sich so die fehlenden Puzzlestücke peu à peu aneignet: „Ich denke, dass sein Spiel sehr gut zum französischen Fussball passt, gerade seine technischen Qualitäten, seine Schnelligkeit und seine Schlagkraft“, so Hangarter weiter.

In Marseille wächst aktuell ein Schweizer Juwel heran. Wir werden seine Entwicklung gespannt weiterverfolgen…

Share the Post: