Transfer Review: Neue Offensiv-Power für den FCZ dank Šimi? und Barnieh

Die Schweizer Vereine stecken inmitten des Wintertransferfensters. In unserer Rubrik Transfer Review werfen wir jeweils einen Blick auf ausgewählte Super-League-Neuzugänge. Den Anfang macht der aktuelle Schweizer Meister mit den beiden neuverpflichteten Sturmtalenten Daniel Afriyie Barnieh (21) und Roko Šimi? (19).

Minuten vor Transferschluss verliert der FCZ im September des letzten Jahres mit Willy Gnonto sein grösstes Offensiv-Talent an Leeds United. Obschon in den Wochen zuvor angekündigt wurde, dass Präsident und Sportchef auf alle Eventualitäten vorbereitet seien, konnte man so schnell nicht mehr reagieren. Da auch der letztjährige Topscorer Assan Ceesay nur unzulänglich ersetzt wurde, erhielten die Zürcher prompt die Quittung: Nach 16 gespielten Runden liegt der Stadtclub mit spärlichen 13 Toren auf dem letzten Tabellenplatz – vier Tore davon hat man im letzten Spiel vor der Winterpause gegen ein schwaches Servette erzielt.

Es war also zu erwarten, dass der FC Zürich in der Winterpause auf dem Transfermarkt aktiv wird. Dies tat er nun innerhalb von 48 Stunden gleich doppelt – und präsentiert gleich zwei begehrte Sturmjuwele:

Daniel Afriyie Barnieh – WM-Teilnehmer mit Ghana

Der 21-jährige Ghanaer dürfte so etwas wie ein verspäteter 1-zu-1 Ersatz für den abgewanderten Wilfried Gnonto sein. Beim FCZ unterschrieb er einen Vertrag bis 2026. In seiner Heimat gilt Barnieh als grösstes Talent der Liga und schaffte von seinem Stammverein aus, den Hearts of Oaks, bereits den Sprung ins Aufgebot der «Black Stars». In der Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft traf er unter anderem auf die Schweiz und liess dort seine Qualitäten aufblitzen: Barnieh, der im Sturm auf allen Positionen eingesetzt werden kann, überzeugte gegen die Eidgenossen mit hohem Tempo und unheimlicher Dribbelstärke.

Diese Kombination aus Athletik und Flair macht ihn zu einer schwer zu verteidigenden Waffe in der Offensive. Barnieh ist darüber hinaus ein ausserordentlich lauffreudiger Spieler und kreiert durch seine steten Bewegungen viele Chancen für sich und Mitspieler. Seine Laufstärke lässt er auch in der Defensive aufblitzen, die er selten ausser Acht lässt. Er gilt zudem als sehr teamdienlich, sowohl auf dem Platz als auch in der Kabine. Im Nationalteam sei er einer der Gründe gewesen, weshalb die Stimmung in der Umkleide während der WM so gut war, tönt es aus Ghana. Man darf gespannt sein, wie er sich bei seinem ersten Auslandabenteuer schlägt. Sofort als Stammspieler dürfte er jedoch nicht eingeplant sein – vielmehr als Projekt. Auch das ist neben seiner Spielweise eine weitere Parallele zu Gnonto.

Vorab bestreitet Barnieh aber die Afrikanische Nationenmeisterschaft (CHAN) mit Ghana. Das Turnier ist nicht zu verwechseln mit dem Afrika Cup (AFCON): Statt der bestbesetzten A-Nationalteams, treten an der Nationenmeisterschaft nur Auswahlen bestehend aus lokal unter Vertrag stehenden Spielern an. Nach diesem Turnier wird Barnieh dann in der Schweiz erwartet.

Roko Šimi? – das nächste Produkt der Salzburger Stürmerfabrik

Mit der Ankunft von Roko Šimi? ist beim FCZ nun das kroatische Trio komplett, bestehend aus Nicola Katic, Ivan Santini und dem Winterzugang. Für Santini, erst im Sommer aus Saudi-Arabien gekommen, sieht es nun düster aus. Der Sturmhüne konnte die Erwartungen nicht erfüllen und hing während der gesamten Hinrunde ohne Einfluss aufs Spiel seiner Mannschaft komplett in der Luft. Ein verfrühter Abgang käme nicht überraschend – sofern sich denn ein Abnehmer finden lässt. Für die Tore soll nun sein junger Landsmann Šimi? sorgen.

Das 19-jährige Sturmtalent wechselt auf Leihbasis bis Ende Saison von Red Bull Salzburg nach Zürich. Dem kroatischen U21-Nationalspieler (14 Einsätze / 7 Tore) wird eine goldene Zukunft beschienen. Im Sommer 2021 wechselte er als 17-Jähriger zum österreichischen Serienmeister, nachdem er bei seinem Jugendverein Lokomotiva Zagreb zum Stammspieler aufgestiegen war. Salzburg platzierte den jungen Torjäger zuerst bei seinem Farmklub Liefering, für den er in der abgelaufenen Saison in 24 Spielen starke 19 Treffer erzielte. Daraufhin wurde Šimi? im letzten Sommer zu RB Salzburg zurückbeordert und in die 1. Mannschaft befördert.

Dort wurde der Kroate aber Opfer der grossen Ansammlung an Offensivtalenten. Im hochkarätig besetzten Ensemble muss er hinter Stürmern internationaler Klasse wie Noah Okafor, Benjamin Sesko, Fernando und Junior Adamu (ex St. Gallen) anstehen. Nun soll er in Zürich die so dringend benötigte Spielpraxis erhalten und sich auf hohem Level beweisen. Gelingt das, hat er gute Perspektiven ab kommendem Jahr in Salzburg eine grössere Rolle einzunehmen – und vielleicht ja eine Entwicklung à la Patson Daka, Erling Haaland, Karim Adeyemi oder Noah Okafor hinzulegen.

Mit einer Körpergrösse von 1,90m bringt Šimi? ein schmerzlich vermisstes physisches Element in den FCZ-Sturm. Seit dem Abgang von Michael Frey konnte keiner seiner designierten Nachfolger den Ball im Angriff ähnlich gut festmachen und wieder ablegen. Dies sind Qualitäten, die man von der Neuerwerbung des FCZ erwarten darf. Zusätzlich besitzt Šimi? ein gutes Stellungsspiel und ist für einen Spieler seiner Grösse überraschend agil und explosiv. Seine zweifelsfrei grösste Qualität neben seiner physischen Power ist aber seine Abschlussstärke und sein Knipser-Instinkt: Sein starker rechter Fuss ist eine Waffe, auch in engen Räumen. Šimi? besitzt alles für eine grosse Karriere – die er beim FCZ nun so richtig lancieren könnte.

Fazit: Die FCZ-Offensive wird variabler und tiefer

Nachdem der Stadtclub im Sommer für seine Transferpolitik gerügt wurde, darf nun bilanziert werden, dass dem FCZ auf den ersten Blick zwei tolle Deals gelungen sind. Noch sollte man die neuen Angreifer natürlich nicht in den Himmel loben, denn sie haben noch kein Spiel in der Super League absolviert. Doch eins ist sicher: Durch die beiden Neuzugänge steigt in der FCZ-Offensive der Konkurrenzkampf erheblich und die Kadertiefe nimmt deutlich zu. Daneben gewinnt der Angriff an mehr Variabilität. Wie der FC St.Gallen in der Rückrunde der letzten Spielzeit bewiesen hat, kann das Integrieren neuer Konkurrenz in der Mitte der Saison einen grossen positiven Effekt haben. Es würde nicht erstaunen, wenn zumindest Šimi? schon im Frühjahr für Schlagzeilen sorgen sollte.

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