Nach mässigem Saisonstart ist Eintracht Frankfurt mittlerweile voll dabei im Kampf um die Champions League-Plätze. Mittendrin – im wahrsten Sinne des Wortes – steht mit Djibril Sow ein Schweizer, der entscheidend an der Erfolgswelle der Adlerträger beteiligt ist. Bolzplazz nimmt den Mittelfeldstrategen etwas genauer unter die Lupe.
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Bis und mit dem 7. Bundesliga-Spieltag spielte Djibril Sow zusammengerechnet gerade einmal 30 Minuten und stand in vier Partien nicht mal im Kader. Zum damaligen Zeitpunkt stand die SGE auf dem enttäuschenden 11. Tabellenplatz. Beim 1:1 gegen RB Leipzig Ende November beorderte Trainer Adi Hütter Sow zum ersten Mal in der Saison in die Startelf. Der gebürtige Zürcher überzeugte auf ganzer Linie und ist seither absolute Stammkraft bei der Eintracht. Einzig beim Ausscheiden im DFB-Pokal gegen Bayer 04 Leverkusen fehlte Sow, da die Geburt seines ersten Kindes unmittelbar bevorstand. Ob die Absenz des Rechtsfusses und die krachende 1:4 Niederlage in einem Zusammenhang stehen, darüber lassen sich nur Vermutungen anstellen. Doch eines lässt sich eindeutig mit Zahlen belegen: Seit Sow in dieser Bundesliga-Spielzeit in der Startformation steht, hat sich Eintracht Frankfurt von einem zweistelligen Tabellenplatz zu einem Kandidaten für einen Top 4-Rang hochgearbeitet. Ebenfalls verlor man in dieser Zeitspanne nur ein einziges Liga-Spiel.
Der Schweizer Nationalspieler begann mit dem Fussballspielen im Zürcher Quartierverein BC Albisrieden, ehe Scouts auf ihn aufmerksam wurden und er so im Alter von 11 Jahren in die Nachwuchsabteilung des FCZ wechselte. Für die erste Mannschaft der Stadtzürcher stand Sow indes nie auf dem Rasen. Zur Saison 2015/2016 unterschrieb er einen Vertrag bei Borussia Mönchengladbach. Bei den Fohlen konnte er sich jedoch aufgrund der starken Konkurrenz nicht durchsetzen. Der Schweiz-Senegalese kam mehrheitlich bei der Zweitvertretung der Borussia in der Regionalliga West zum Zug. Nur gerade zwei Kurzeinsätze für die Profimannschaft standen für Sow zu Buche. Im Sommer 2017 folgte mit dem Wechsel zurück in die Schweiz eine sehr kluge Karriereentscheidung.
Die Young Boys überwiesen damals eine stolze Summe von rund 2 Millionen Franken, um sich die Dienste des talentierten aber doch sehr unerfahrenen Akteurs zu sichern. Bei YB avancierte Sow zum überragenden Mittelfeldspieler der Super League. Adi Hütter forderte und förderte ihn optimal und wusste Sow bestmöglich in sein System einzubinden. Die Rückkehr in die Schweiz hat sich auf jeden Fall gelohnt, konnte der gebürtige Zürcher sein grosses Potenzial nämlich erst bei YB so richtig abrufen. Das Fazit der Berner-Zeit lässt sich auch sehen: 77 Spiele, 15 Scorerpunkte, zwei Meistertitel und als Sahnehäubchen sechs Einsätze in der Königsklasse gegen Christiano Ronaldo & co. Von der U16 bis zur U21 absolvierte Sow diverse Juniorenländerspiele für die Schweiz. Im September 2018 berief ihn dann Vladimir Petkovic aufgrund seiner überzeugenden Auftritte völlig verdient erstmals in den Kreis der A-Nati. Seit seinem Debütspiel gegen Island in der Nations League kamen 12 weitere Partien für die Schweizer Nationalmannschaft dazu. Mit seiner technischen Klasse, der ungeheuren Laufleistung und dem Auge für raumöffnende Pässe entwuchs Sow der Super League rasch, und es war nur eine Frage der Zeit, bis er seine Karriere in einer Top-Liga fortsetzen würde. Als Adi Hütter im Sommer 2019 bei Eintracht Frankfurt anheuerte stellte sich dies im Nachhinein als Glücksfall für den 1,84 m-Mann heraus. Hütter wollte seinen Mittelfeldstrategen unbedingt in die Metropole am Main mitnehmen und so verpflichtete die Eintracht Sow für eine Rekordablösesumme von knapp 10 Millionen Euro. Das in der Super League erarbeitete Selbstbewusstsein konnte der ruhige Schweizer anfänglich erfolgreich nach Deutschland transferieren. Trotz eines ärgerlichen Sehnenanrisses in der Sommervorbereitung, machte er wettbewerbsübergreifend 40 Spiele für Frankfurt in seiner Debütsaison, blieb aber oft blass und leistete sich im Laufe der Saison immer wieder Unkonzentriertheiten.
In der aktuellen Spielzeit für Sow mittlerweile aber wie geschmiert. 16 Einsätze, 2 Assists und die Formkurve zeigt weiterhin steil nach oben. Unterdessen nicht mehr aus dem Team der SGE wegzudenken, zeichnen Sow vor allem seine Genauigkeit und seine enorme Fokussierung aufs Spielgeschehen aus. Daraus resultiert eine enorm niedrige Anfälligkeit für Fehler. Er hat eine hervorragende Passquote von 87 % und dies, obwohl er gerne auch mal einen riskanten Ball in Richtung Spitze schlägt. In letzter Zeit steht Sow im Mittelfeldzentrum mit Makoto Hasebe ein absoluter Routinier zur Seite. Durch den absichernden Routinier geniesst der Schweizer mehr Freiheiten, welche sich besonders im schnellen Spielaufbau und im Umschaltverhalten der Frankfurter positiv bemerkbar machen. Sow ist der wichtigste Taktgeber in der Zentrale, bestimmt den Rhythmus des Spiels und setzt vermehrt auch Nadelstiche in Form von schlauen Pässen nach vorne. In puncto Assists und Tore hat der Rechtsfuss sicher noch Luft nach oben. Mit dem überragenden Silva und Rückkehrer Jovic verfügt die Eintracht jedoch im Sturm über genug „firepower“. Trotzdem muss Sow noch vermehrt selbst den Abschluss suchen; im Schnitt 0,4 Schüsse pro Partie sind definitiv ausbaufähig. Als rechter Achter in Hütters bevorzugtem 3-4-2-1, muss Sow auch defensiv viel ackern und sich in den Dienst der Mannschaft stellen. Dies erledigt der Schweizer Internationale mit Bravour. In den letzten Wochen ist Sow Eintrachts laufstärkster Spieler und gewinnt mit einer gesunden Portion Aggressivität viele Zweikämpfe. Durchschnittlich 12,4 abgespulte Kilometer pro 90 Minuten unterstreichen seinen Einsatz fürs Team eindrücklich. Somit ist er nicht nur aus spielgestalterischer Sicht, sondern auch in der Rückwärtsbewegung enorm wertvoll für die SGE.
Djibril Sow ist nicht mehr aus der Startelf von Frankfurt wegzudenken und hat massgeblichen Anteil am Aufwind der letzten Wochen. Der frisch 24 Jahre alt gewordene Sow zählt gegenwärtig zu den besten „Box to Box“-Spielern der Bundesliga. Mit seinen starken strategischen Fähigkeiten kann er das Spiel lenken und ist absoluter Dreh- und Angelpunkt im Mittelfeld. Sein Förderer und „Entdecker“ Adi Hütter wird weiterhin vollstes Vertrauen in Sow haben. Kann dieser seine Leistungen auf diesem Niveau halten, oder gar nochmals eine Schippe draufsetzen und so die Eintracht in die Champions League dirigieren, dürfte sich im nächsten Transferfenster auch der ein oder andere Topverein bei Sportdirektor Fredi Bobic nach dem gebürtigen Zürcher erkundigen. Mit seinen 24 Jahren ist Sow noch nicht am Ende seiner Entwicklung und gerade auch international wird er das Spiel der Nati in Zukunft noch mehr prägen. Wir Schweizer Fussballfans dürften also noch viel Freude an „Djibi“ haben. Heute Nachmittag um 15.30 Uhr ist er im Auswärtsspiel gegen die TSG Hoffenheim bereits wieder in Aktion zu sehen – hoffentlich geht die Erfolgswelle weiter.
Sow im FAZ-Porträt: https://www.faz.net/aktuell/sport/fussball/bundesliga/djibril-sow-hilft-bei-eintracht-frankfurt-durch-starke-leistung-17180316.html
Vom Ersatzmann zum Leistungsträger: https://sport.ch/eintracht-frankfurt/693409/vom-ersatzmann-zum-leistungstraeger-pferdelunge-sow-ist-endlich-in-frankfurt-angekommen
Mit dem Druck wachsen: https://www.sge4ever.de/djibril-sow-mit-dem-druck-wachsen/