Das grosse Ranking der Schweizer Talente – Flügel

Die Bolzplazz-Redaktion widmet sich einem neuen Projekt: In Zusammenarbeit mit professionellen Scouts und Agenten kategorisieren wir die besten Schweizer Talente.

Das Ranking berücksichtigt sämtliche Spieler mit Schweizer Pass, die nach 2000 geboren wurden und bereits im Profifussball zum Einsatz gekommen sind. Für die Kategorisierung von Bedeutung sind zwei verschiedene Komponenten: Einerseits die individuelle Leistung des Spielers in der aktuellen Saison, andererseits dessen Potential. Eingeteilt werden die Talente in drei verschiedene Qualitätsklassen:

  • Gold: Herausragende Leistungen, Potential zu internationaler Klasse
  • Silber: Gute Leistungen, Potential zu überdurchschnittlicher Klasse
  • Bronze: Solide Leistungen, Potential für eine gute Entwicklung

In den kommenden Wochen gehen wir Position für Position durch. Heute im Fokus: Flügelspieler. Talentierte Youngster, die es knapp nicht ins Ranking geschafft haben, führen wir in der Einzelkategorie Radar auf.

6) Flügelspieler

Auf den offensiven Aussenpositionen war die Schweiz in den letzten Jahren nicht besonders breit aufgestellt. Insgesamt fehlt es an Spielern von internationalem Format. Xherdan Shaqiri (30) besitzt dieses zwar, kommt aber im Zentrum besser zur Geltung. Steven Zuber (30), Renato Steffen (30) und Christian Fassnacht (28) sind allesamt solide, erfüllen aber keine gehobenen internationalen Qualitätsstandards und haben ohnehin ihren Zenit erreicht. Aber im modernen Fussball sind schnelle, dribbelstarke und torgefährliche Flügelstürmer – Typ Mbappé, Sancho oder Sané – das A und O jeder Offensive und gefragter denn je. Ruben Vargas (23) bringt zwar ähnliche Eigenschaften mit, war in der Nati jedoch für lange Zeit der einzige Flügel dieses „aufregenden“ Typus. Seit letztem Herbst und der Ankunft eines neuen Hoffnungsträgers ist das anders: Noah Okafor (21) hat die ganze Schweiz mit seiner Spielweise verzückt und an die WM geschossen. Auch hinter ihm wachsen nun einige interessante Flügel moderner Prägung heran, die in naher Zukunft im Nationalteam eine Rolle übernehmen könnten.

Gold

1) Noah Okafor (21): RB Salzburg

Explosiv, durchschlagskräftig, überragendes Tempo und feine Technik: Noah Okafor hat alles, um ein ganz Grosser zu werden – und ist als Hoffnungsträger der Schweizer Nati unbestritten auf dem 1. Platz unseres Rankings klassiert. In dieser Saison glückte ihm endlich der grosse Durchbruch bei RB Salzburg: 25 Scorerpunkte (14 Tore, 11 Assist) in insgesamt 34 Partien sind eine exzellente Bilanz. Darunter: Entscheidende Tore in der Champions League und im Meisterschaftsrennen. Okafor gehört zu jenem Typus Spieler, der bei den Fans Fantasien anregt: Ideenreich, frech, athletisch – und mit dem Ball am Fuss jederzeit zu Überraschungsmomenten fähig. Seien es herrliche Schlenzer aus der Distanz oder spektakuläre Dribbeleinlagen: Okafor kann auf dem Rasen mit seiner individuellen Qualität jederzeit den Unterschied ausmachen.

Silber

1) Dan Ndoye (21): FC Basel

Dan Ndoye mag in seiner Entwicklung noch einen guten Schritt hinter Okafor sein, seine Anlagen sind aber ähnlich vielversprechend. Der gebürtige Lausanner ist antrittsschnell, dynamisch und dribbelstark, er überzeugt mit Unbeschwertheit und Leichtigkeit im Eins-gegen-Eins. Nach einem Jahr bei OGC Nizza wechselte Ndoye im letzten Sommer zum FC Basel, wo er jüngst einen langfristigen Vertrag bis 2026 erhalten hat. Die sportliche Führung sieht in ihm ein wichtiger Baustein für die Zukunft, auch wenn er in seiner Premierensaison beim FCB noch nicht den erhofften Scoreroutput liefern konnte (11 Scorerpunkte in 36 Einsätzen). In Sachen Torabschluss und Effizienz hat Ndoye noch Luft nach oben – die Leistungsexplosion seines früheren U21-Nati-Kameraden Okafor kann ihm da als Beispiel dienen.

2) Julian Von Moos (21): FC St.Gallen

In diesem Frühling ist er regelrecht durch die Decke gegangen: FCSG-Shootingstar Julian Von Moos, im Januar fix vom FC Basel in die Ostschweiz gewechselt, ist ein wichtiger Faktor für die erfolgreiche Rückrunde der St.Galler. 12 Spiele, 4 Tore und 1 Vorlage stehen bis dato zu Buche, dazu kommt viel Tempo, Spielfreude und Kreativität. Jahrelang galt Von Moos als grosse Schweizer Zukunftshoffnung, in diesen Monaten zeigt er nun dem ganzen Land weshalb. Seine Spielweise ist frech und unberechenbar, mit kurzen Stulpen dreht er seinen Gegnern Knoten in die Beine und behauptet mit hervorragender Technik auch auf engstem Raum den Ball. Auch im Strafraum ist Von Moos dank guten Laufwegen und hervorragender Reaktions- und Handlungsschnelligkeit jederzeit torgefährlich. Der Lohn für seine starke Entwicklung erfolgte im März mit dem erstmaligen Aufgebot in die Schweizer U21-Nati.

Bronze

1) Christopher Lungoyi (21): FC St.Gallen

In der Schweiz gibt es nur wenige spektakulärere Spieler: Christopher Lungoyi, seit Winter 2022 von Juventus an den FCSG verliehen, verwandelt die Super-League-Spielfelder regelmässig in Tanzflächen. Der U21-Nationalspieler ist ein Dribbelkönig, wie er im Buche steht: Flink, beweglich, rotzfrech. Sobald er den Ball am Fuss hat, verströmt Lungoyi eine ausserordentliche Spielfreude. Seine unberechenbaren Einzelaktionen und sein Flair im Eins-gegen-Eins können ein ganzes Stadion mitreissen. Lungoyi ist aber noch weit davon entfernt, ein kompletter Spieler zu sein: Zu oft fehlt es ihm noch an der letzten Konsequenz im Abschluss oder am kühlen Kopf in der Entscheidungsfindung. Gelingt es ihm, seine überragenden Anlagen konstant in Scorerpunkte zu verwandeln, wird er der Schweiz aber noch viel Freude bereiten.

2) Sayfallah Ltaief (22): FC Winterthur

Ltaief bringt ähnliche Anlagen wie Lungoyi mit, konnte diese bis jetzt aber „nur“ auf Challenge-League-Level nachweisen. Der FCW-Shootingstar ist ein furchtloser Strassenfussballer, der mit hohem Tempo und viel Dynamik Eins-gegen-Eins-Duelle sucht und die gegnerischen Verteidiger reihenweise stehenlässt. Neben viel Mut zum Risiko helfen ihm dabei auch tolle technische Fertigkeiten und ein natürlicher Instinkt für abrupte Richtungs- und Rhythmuswechsel. Ltaief ist in dieser Rückrunde beim FC Winterthur zum Stammspieler aufgestiegen, der neue Trainer Alex Frei setzt viel Vertrauen in ihn und wird dafür mit exzellenten Leistungen und wichtigen Toren seines Schützling belohnt. Der frühere FCZ-Junior wird über kurz oder lang in der Super League landen – und dürfte auch für Lustrinelli und die U21-Nati ein Thema sein.

3) Samuel Ballet (21): FC Winterthur

Mit Samuel Ballet taucht ein weiteres Winterthur-Talent in diesem Ranking auf. Auch die YB-Leihgabe hat vom Trainerwechsel hin zu Alex Frei profitiert und in dieser Rückrunde einen grossen Sprung gemacht, wie 6 Scorerpunkte (5 Tore, 1 Vorlage) seit Ende Januar beweisen. Ballet ist kein klassischer Flügel, dank seiner physischen Stärke und seinem bulligen Körper kann der Berner auch im Sturmzentrum eingesetzt werden. Auf der Aussenbahn kommt aber seine Explosivität, seine Qualität im Eins-gegen-Eins und seine Geschwindigkeit besser zur Geltung. Ballet besitzt grosses Potential, das er unter dem richtigen Trainer nun immer besser abrufen kann. Gut möglich, dass YB ihn im Sommer zurückhaben will. Kommt er in der neuen Saison in der Super League zum Einsatz, dürfte er bald auch in der U21-Nati eine Chance erhalten.

4) Franck Surdez (19): Neuchâtel Xamax

Zwar noch etwas feingliedrig, dafür aber blitzschnell, ballsicher und dynamisch – Xamax-Youngster Franck Surdez bringt ein aufregendes Profil mit und hat in dieser Saison in der Challenge League viel Eindruck hinterlassen. Der frischgebackene U20-Nationalspieler ist seit Beginn der Rückrunde gesetzt und überzeugt mit erfrischender Spielfreude, Elan und Unbekümmertheit. Im März gelang Surdez gegen Thun das 1. Tor im Profibereich, wenige Wochen später erzielte er gegen Kriens ein weiteres. Lange dürfte der temporeiche, vielseitige Angreifer nicht in Neuenburg bleiben.

5) Henri Koide (21): Neuchâtel Xamax

Im Winter vom FCZ leihweise zu Xamax transferiert, blüht Henri Koide in dieser Rückrunde regelrecht auf. 5 Scorerpunkte (2 Tore, 3 Assists) sind dem früheren U-Nationalspieler in nur 9 Auftritten in der Challenge League bereits geglückt – in dieser Verfassung könnte er in der nächsten Saison auch bei seinem Stammklub eine Rolle übernehmen. Koide kombiniert Geschwindigkeit und Beweglichkeit mit guten technischen Anlagen und Dribbelstärke, dazu kommen starke Laufwege und ein natürlicher Instinkt in der Box. Es wird spannend zu sehen sein, wie er sich in der neuen Spielzeit schlägt – und ob ihm der FCZ eine Chance in der 1. Mannschaft erteilt. Sollten Gnonto oder Tosin den Klub verlassen, stünde Koide als ähnlicher Spielertypus als In-House-Ersatz schon bereit.

6) Guillaume Furrer (21): SC Freiburg

Guillaume Furrer zählt zu einer ganzen Gruppe junger Schweizer Talente, die zurzeit beim SC Freiburg in den Startlöchern stehen. Der gebürtige Genfer gehört der zweiten Mannschaft an, der er in der letzten Saison mit 10 Scorerpunkten zum Aufstieg aus der Regionalliga in die 3. Liga verhalf. Im Sommer bestritt Furrer als Lohn für seine starken Leistungen die Vorbereitung mit den Profis, auf seinen 1. Pflichtspieleinsatz bei den „Grossen“ wartet er aber noch. Furrer zeichnet sich durch feine technische Fertigkeiten, herrliche Ballbehandlung und eine grossen Qualität im Eins-gegen-Eins aus. Angesichts seiner tollen Anlagen dürfte er früher oder später im Herrenbereich für Furore sorgen.

7) Esey Gebreyesus (18): Olympique Marseille

Esey Gebreyesus gehört zu den spannendsten Schweizer Talenten überhaupt. Der erst 18-jährige Rohdiamant entstammt der GC-Nachwuchsakademie, wechselte im letzten Jahr aber zu Olympique Marseille. Dort hat er sich blendend eingelebt, in der U19 ist er gesetzt und trifft regelmässig. Im Sommer durfte Gebreyesus bereits Trainingserfahrung in der 1. Mannschaft sammeln – inklusive Testspieleinsatz und Tor. Der U18-Nationalspieler ist ein Dribbelkünstler à la Neymar, gesteuert von seinen Instinkten. Elegant am Ball, kreativ und frech: Gebreyesus sucht stets nach Eins-gegen-Eins-Duellen, wobei er seine Gegenspieler mit technischen Kabinettstückchen und spektakulären Dribbeleinlagen alt . Noch fehlt es dem jungen Zürcher am Feinschliff, ein Haken zu viel oder ein verpasstes Abspiel kommt häufiger mal vor. Aber: Gebreyesus verfügt über bestechende Anlagen wie nur wenige andere und hat das gewisse Etwas – er könnte dereinst einmal ein grosser Name werden.

Radar:

  • Carmine Chiappetta (18): FC Winterthur
  • Kedus Haile-Selassie (20): FC Zürich
  • Filipe De Carvalho (18): Grasshopper Club Zürich
  • Lino Lang (21): SC Kriens
  • Fabio Fehr (22): FC Vaduz
  • Yannick Cotter (20): Juventus
  • Malik Deme (17): Grasshopper Club Zürich
  • Oliver Schmidhauser (17): SpVgg Greuther Fürth
  • Felipe Borges (21): SC Braga
  • Nevio Di Giusto (17): FC Zürich
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