Die FCZ-Meisterhelden – Adriàn Guerrero und Nikola Boranijasevic

Das FCZ-Meister-Märchen kennt viele verschiedene Helden. In den kommenden Tagen wollen wir den wichtigsten von ihnen Tribut zollen. Part 1: Adriàn Guerrero und Nikola Boranijasevic – die Super-League-Version des Liverpooler Aussenverteidigerduos Robertson/Alexander-Arnold.

Sportchef Marinko Jurendic legte mit hervorragender Arbeit den Grundstein für die 1. Zürcher Meisterschaft seit 13 Jahren. Sein grösster Coup war dabei zweifellos die Anstellung von Erfolgstrainer André Breitenreiter. Aber auch auf dem Spielfeld selber waren es zwei von Jurendics Neuzugängen, die einen grossen Beitrag zum sensationellen Titelgewinn leisteten: Adriàn Guerrero (24) und Nikola Boranijasevic (29).

Via Lugano und Lausanne nach Zürich

Es ist nicht so, dass Jurendic diese beiden Spieler glücksgriffartig entdeckt hätte. Im Gegenteil: Beide waren in der Super League schon vor ihrem Engagement beim FCZ bestens bekannt – dass der Sportchef sie nach ihren starken Leistungen aber ausgerechnet von einem Wechsel nach Zürich überzeugen konnte, unterstreicht noch einmal seine tolle Arbeit. Guerrero war in der vergangenen Saison von Valencia an den FC Lugano verliehen, wo er sich als fleissiger, bissiger Linksverteidiger sogleich einen Stammplatz erobern konnte. Rechtsverteidiger Boranijasevic hingegen gehörte zu Giorgio Continis Lausanne-Aufstiegsteam und überzeugte in der Super League mit Lauffreude und spielerischen Qualitäten.

Beide passen für André Breitenreiters Fussball wie die Faust aufs Auge: Der Deutsche fordert von seinen Spielern Laufbereitschaft, Intensität und Zweikampfhärte – allesamt Grundkompetenzen der beiden Aussenverteidiger. Aber nicht nur vom Spielstil her funkte es sofort zwischen den zwei Sommerneuzugängen und Breitenreiters FCZ, auch die taktische Ausrichtung sagt ihnen perfekt zu: Der Coach setzt konsequent auf eine 3-5-2-Grundordnung, in der Guerrero und Boranijasevic als linke bzw. rechte Aussenläufer für die Bewirtschaftung der gesamten Aussenbahn zuständig sind. Beide kamen in gleicher Rolle bereits in der letzten Saison zum Einsatz, was die Eingewöhnung in Zürich deutlich erleichterte.

Vorlagenkönig Guerrero

In nur wenigen Monaten ist Guerrero zum wohl stärksten Linksverteidiger der Liga aufgestiegen. Der Spanier begeistert das Publikum mit grossem Einsatz, viel Energie und ständigem Offensivdrang. Hinzu kommt eine überragende Scorer-Ausbeute. Mit irren 10 Vorlagen ist er in dieser Saison hinter Servettes Miroslav Stevanovic der zweitbeste Vorbereiter der ganzen Liga. Die Kombination aus seinem tollen Auge, seinem gefühlvollen linken Fuss und seiner Spritzigkeit macht, dass seine Flankenläufe für die gegnerische Verteidiger oft nicht zu verteidigen sind.

Guerrero glänzt aber nicht nur als Assistgeber, sondern auch selber als Torschütze. 4 Liga-Treffer sind eine starke Bilanz. Insgesamt kommt er damit als Verteidiger auf 14 Scorerpunkte – eine Seltenheit. Der letzte gelernte Abwehrspieler, dem das in der Super League gelang, ist ex-YB-Linksverteidiger Mario Raimondi, der in der Saison 2008/09 gar auf 21 Scorerpunkte kam – allerdings wurde er dabei des Öfteren auf offensiveren Positionen eingesetzt. Guerrero ist ein unermüdliches, aufopferungsvolles Energiebündel mit feinen technischen Qualitäten, das in Zürich im Nu zum Publikumsliebling aufgestiegen ist. Sein Vertrag läuft noch bis 2024, doch es wäre nicht verwunderlich, wenn im Sommer bereits ein Verein aus einer Top-Liga anklopfen sollte.

Alleskönner Boranijasevic

Schon in der letzten Saison gehörte Boranijasevic zu den besten Aussenverteidigern der Liga, bei Lausanne-Sport nahm er unter Contini eine Schlüsselrolle ein. Das gelang ihm auch auf Anhieb beim FCZ. Der Serbe beackert die rechte Aussenbahn unermüdlich, ist defensiv zuverlässig und offensiv gefährlich. Gutes Stellungsspiel, routinierte Zweikampfführung und viel Zug nach vorne – Boranijasevic bringt ein vorzügliches Gesamtpaket mit. Zwar kann er mit Guerreros Scorerwerten nicht ganz mithalten, zählt jedoch mit ebenfalls 4 Toren (3 davon gegen Basel) und 2 Vorlagen immerhin zur Top-6 der produktivsten Super-League-Verteidiger dieser Saison.

Als Allrounder auf der rechten Aussenbahn ist er unheimlich wichtig für die Stabilität der Zürcher. Während Guerrero auf der linken Seite seine grössten Qualitäten klar im Offensivbereich hat, kombiniert Boranijasevic defensive Zuverlässigkeit mit offensiven Impulsen perfekt. Mit 29 Jahren ist er nun nach Stationen in der serbischen Liga, in Lettland und in der Challenge League auf seinem Höhepunkt angekommen. Angesichts seines Alters dürfte ein Wechsel in eine grosse Liga keine Option mehr sein, dafür könnte er noch auf Jahre hinaus die rechte Seite der Stadtzürcher verteidigen – und in der nächsten Spielzeit zum 1. Mal in seiner Karriere im Europapokal auflaufen.

Mehr als nur Aussenverteidiger

Guerrero und Boranijasevic sind also viel mehr als nur ein Aussenverteidiger-Duo. Ihre Bedeutung fürs Offensivspiel des Meisters ist sehr gross, lässt sich aber nicht nur an der Summe von gemeinsam 20 Scorerpunkten ablesen. Vielmehr sind die beiden auch als verkappte Spielgestalter für die Erspielung von Chancen zentral. Ihre klugen Steilpässe oder gut getimten langen Bälle stehen sehr oft am Ursprung gefährlicher Aktionen. Beide sind in der Daten-Kategorie „Progressive Zuspiele“ (Pässe, dank denen Raumgewinn erzielt wird. Quelle: wyscout) in der Top 15 der Liga klassiert. Will heissen: Nur sehr wenige andere Spieler versuchen die gegnerische Abwehrkette so oft mit Steilpässen zu durchbrechen wie die zwei FCZ-Verteidiger.

Guerrero und Boranijasevic kommt in der Taktik des Meisters also eine elementare Rolle zu: Nach Ballgewinn schalten die Zürcher mit blitzschnellen Zuspielen in die Spitze um, wobei das Duo für ebenjene Pässe verantwortlich ist. Damit ähnelt ihr Auftrag jenem des Liverpooler-Aussenverteidiger-Traumpaars Trent Alexander-Arnold und Andy Robertson, die in Jürgen Klopps Taktik ebenfalls erfolgreich in die spielerische Konstruktion von Chancen eingebunden sind. Überspitzt könnte man sagen: Guerrero und Boranijasevic sind als DAS dominante Aussenverteidigerduo der Super League so etwas wie die Schweizer Variante des Liverpooler Weltklasse-Gespanns Alexander-Arnold/Robertson – und sind damit entscheidend am Titelgewinn des FCZ beteiligt.

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