Das ist die neu formierte Schweizer U20-Nationalmannschaft

Die Schweizer U20-Nati steht nach einem halben Jahr wieder im Einsatz. Wir nehmen das neu formierte Team und seine interessantesten Spieler genauer unter die Lupe.

Die internationale U20-Auswahlstufe hat im europäischen Fussball einen schweren Stand. Anders als auf den Stufen U21 und U19 organisiert die UEFA keine Europameisterschaften. Das einzige Turnier auf diesem Level ist die U20-Weltmeisterschaft, die in diesem Jahr zum 1. Mal seit 2019 wieder ausgetragen wird. Der UEFA stehen dabei fünf Startplätze zur Verfügung. Eine Qualifikationsphase, in der die Teilnehmer ermittelt werden, wird allerdings nicht ausgetragen. Stattdessen nehmen der Gastgeber und die vier bestplatzierten Nationen der vorangegangenen U19-Europameisterschaft teil. In diesem Jahr sind das England, Frankreich, Israel, Italien und die Slowakei.

Die Schweiz war erst ein einziges Mal an einer U20-Weltmeisterschaft – und zwar im Jahr 2005. Damals Teil des Teams: Unter anderem Johan Djourou, Reto Ziegler, Blerim Dzemaili und Tranquillo Barnetta. Die Schweizer schieden jedoch bereits in der Vorrunde als Gruppenletzter hinter Südkorea, Nigeria und Brasilien aus.

Der Spielkalender der Schweizer U20-Nati ist also selten prall gefüllt. Ebenso selten sind daher Zusammenzüge. In der aktuellen Länderspielpause findet jedoch der erste Zusammenzug seit einem halben Jahr statt. Unter der Anleitung von ex-FCZ-Coach Massimo Rizzo bestreiten die jungen Schweizer zwei Freundschaftsspiele gegen Australien (1:0-Sieg) und Dänemark. Rizzo bot eine interessante Auswahl auf, die den ein oder anderen bekannten Namen beinhaltet.

Das 23-Mann-Kader im Überblick:

Was auffällt: 20 der 23 Aufgebotenen haben bereits im Profifussball debütiert. Die einzigen Spieler ohne Profieinsatz sind Innenverteidiger Joel Bichsel (YB), Mittelfeldspieler Miguel Reichmuth (FCZ) und Torwart Nicolas Glaus (Stuttgart). Alle anderen haben bereits Erfahrungen in der Super League oder in der Challenge League gesammelt, wobei die Mehrheit davon (12 Spieler) aktuell bei einem Verein aus der zweithöchsten Spielklasse unter Vertrag steht. Die Challenge League erweist sich in diesem Hinblick einmal mehr als ideale Destination für aufstrebende junge Spieler.

Welche Spieler der U20-Nati gilt es, besonders im Auge zu behalten?

Daniel Dos Santos (20), FC Thun

Daniel Dos Santos bestreitet mit 20 Jahren bereits seine 3. Saison als Teil der 1. Mannschaft des FC Thun. Der quirlige offensive Mittelfeldspieler ist auch unter dem neuen Coach Mauro Lustrinelli gesetzt, auch wenn ihn ein Innenbandriss bis anfangs November ausser Gefecht gesetzt hat. Seit seinem Comeback spielt Dos Santos aber gross auf, nach 12 Einsätzen in der Challenge League steht er bereits bei 6 Scorerpunkten (4 Tore, 2 Vorlagen). Technisch versiert, wendig, dribbelstark – der junge Ballkünstler ist in der Thuner Offensive nicht nur der X-Faktor, sondern bringt auch Unterhaltungswert fürs Publikum mit.

In der U20-Nati dürfte Dos Santos zu den Teamstützen zählen. Kann er auch auf internationalem Niveau überzeugen, wird er für den FC Thun nicht mehr lange zu halten sein. Wer im zarten Alter von 20 Jahren bereits über 60 Pflichtspiele im Profifussball in den Beinen hat und dabei auch noch starke Scorerwerte aufweisen kann (11 Tore, 5 Vorlagen), der dürfte auch weit über die U20-Stufe hinaus noch von sich reden machen.

Théo Berdayes (20), Yverdon-Sport

Théo Berdayes ist ein weiterer Shootingstar aus der Challenge League, der in der U20-Nati für Furore sorgen will. Der dynamische Angreifer entstammt dem Nachwuchs des FC Sion und verbringt die aktuelle Saison auf Leihbasis bei Yverdon-Sport. Dort hat sich Berdayes ohne Mühe durchgesetzt und nimmt beim überraschenden Tabellenführer im Angriff eine gewichtige Rolle ein. 7 Scorerpunkte (6 Tore, 1 Assist) gelangen dem flexibel einsetzbaren Offensivmann bis jetzt in der Liga, dazu kommt ein weiterer Treffer im Cup. Berdayes grösste Stärken sind seine Variabilität, Geschwindigkeit und gute Technik.

Der gebürtige Waadtländer verfügt aber auch darüber hinaus über ein interessantes Gesamtpaket: So bringt er körperlich alles mit, was ein Stürmer braucht – Grösse (1,86m), Robustheit und Explosivität. Aber auch spielerisch kann Berdayes aus tieferen Positionen dank guter Übersicht, Handlungsschnelligkeit und Kreativität für den Unterschied sorgen. Klar ist: Berdayes hat das Talent, um sich in der Super League durchzusetzen. Schon in der nächsten Saison dürfte er seine Klasse in der höchsten Liga unter Beweis stellen – entweder für seinen Stammklub Sion, für den er übrigens im August 2021 bereits sein Debüt-Tor in der Super League erzielt hat, oder aber für Aufstiegsaspirant Yverdon.

Nicolas Glaus (20), VfB Stuttgart

Denkt man aktuell an Schweizer Torhüter in Deutschland, dann fallen einem drei Namen ein: Yann Sommer, Gregor Kobel und Jonas Omlin. Tatsächlich gibt es aber noch einen vierten Schweizer Keeper im deutschen Spitzenfussball, den man hierzulande noch kaum kennt. Die Rede ist von Nicolas Glaus, der seit eineinhalb Jahren dem VfB Stuttgart angehört. Ausgebildet wurde der Schlussmann im Nachwuchs des FC Basel, für den er zu drei Einsätzen in der U21 kam. Bei Stuttgart sieht das ein wenig anders aus: Dort ist Glaus seit einiger Zeit als Stammtorwart in der 2. Mannschaft gesetzt.

Die Verantwortlichen sind mit seiner Entwicklung offensichtlich sehr zufrieden. Nicht nur statteten sie ihn unlängst mit einem neuen Vertrag aus, sie verhalfen ihm im Herbst auch zu einem Meilenstein: Im letzten Oktober wurde Glaus nämlich erstmals ins Bundesliga-Kader der 1. Mannschaft berufen – und das erst noch gegen Borussia Dortmund. Gut möglich, dass er die nächste Sommervorbereitung im Kreis der Profis bestreiten wird. Vorerst darf sich der Basler aber über einen weiteren Erfolg freuen – sein Aufgebot für die U20-Nati ist für ihn eine Premiere. Noch nie wurde Glaus vom SFV nominiert. Setzt er seinen Weg in Deutschland konsequent fort, dürfte es nicht das letzte Aufgebot bleiben…

Andrin Hunziker (20), FC Aarau

In der Saison 2020/21 hatten viele Beobachter Andrin Hunziker als das nächste grosse Schweizer Sturmjuwel auf dem Zettel. Der 1,90m-Schrank aus dem Nachwuchs des FC Basel zerschoss die U18 Elite League regelrecht – in 12 Einsätzen markierte er nicht weniger als 21 (!) Tore. In der Folge durfte Hunziker sowohl in der 1. Mannschaft, als auch in der U21 reinschnuppern. In dieser Saison will er nun den nächsten Schritt gehen und sich im Profifussball etablieren. Gelingen soll das durch eine Ausleihe in die Challenge League zum FC Aarau.

Dort hat Hunziker in den letzten Wochen mit 3 Toren in seinen letzten 2 Einsätzen ordentlich aufgedreht. Insgesamt steht er bei 6 Scorerpunkten (5 Tore, 1 Vorlage) im Trikot des FCA, bei gerade mal 5 Startelf-Einsätzen. Im Schnitt scort Hunziker in der Challenge League somit alle 84 Minuten – eine starke Bilanz. Von seinen Anlagen her verkörpert der Hüne einen Stürmertypus, den man heute immer seltener antrifft: Hunziker ist unheimlich wuchtig, kopfballstark und bei Standards brandgefährlich. Ein klassischer Mittelstürmer eben, dessen grössten Qualitäten im Abschluss liegen. In puncto Beweglichkeit und Speed gibt es Luft nach oben, doch dafür bringt er eine Strafraumpräsenz mit, die nur die wenigsten haben. Ob Hunziker eine Zukunft in Basel hat, bleibt abzuwarten. Seinen Weg wird er aber ganz sicher machen.

Ryan Fosso (20), FC Vaduz

Ryan Fosso kann etwas vorweisen, was sonst niemand im Kader der U20-Nati kann: Erfahrungen im Europapokal. Der zentrale Mittelfeldspieler aus dem Nachwuchs des BSC Young Boys wechselte im letzten Sommer zum FC Vaduz, mit dem er sensationell die Gruppenphase der UEFA Europa Conference League erreichte. Beim Liechtensteiner Europacup-Märchen war Fosso aber nicht nur ein Zaungast, sondern ein zentrales Element – und das, obwohl er zum Zeitpunkt seines Wechsels ins Ländle noch keine einzige Minute Profifussball in den Beinen hatte.

Fosso ist ein agiler, kampfstarker Achter, der sich im Vaduzer Mittelfeld dank seinem Esprit und seiner Zweikampfstärke sofort durchsetzen konnte. Der Wechsel zum FCV hat sich für den 20-Jährigen bereits jetzt als perfekter nächster Schritt erwiesen. Schon im Winter hörte man erste Gerüchte über ausländisches Interesse aus Italien und Spanien. Vorerst darf sich Fosso aber über ein weiteres Highlight freuen: Auch für ihn handelt es sich um das erste Aufgebot des Schweizer Fussballverbandes überhaupt. Eine verdiente Belohnung für seinen klugen Karriere-Entscheid und seinen rasanten Aufstieg.

Luca Jaquez (19), FC Luzern

Luca Jaquez ist der einzige Super-League-Spieler unserer Auflistung – hat sich eine besondere Erwähnung aber absolut verdient. Der 1,87m grosse Innenverteidiger ist mittlerweile fester Bestandteil der 1. Mannschaft des FC Luzern. Insgesamt kommt Jaquez bereits auf 6 Einsätze in der höchsten Schweizer Spielklasse, 5 davon von Anfang an. Trainer Mario Frick hält sehr viel vom Luzerner Nachwuchsspieler und verglich ihn jüngst mit Manuel Akanji. Zugegeben, ein grosser Vergleich. Und doch nur ein weiteres Indiz dafür, dass Jaquez tatsächlich über grosses Potential verfügt.

Um das festzustellen, reicht ein Blick auf seine Anlagen: Der 19-Jährige Abwehrspieler ist schnell, ballsicher, konsequent und punktet mit einem gutem Positionsspiel. Trotz seines jungen Alters strahlt er Ruhe und Souveränität aus, hie und da mangelt es ihm aber noch ein wenig an Präsenz. Verständlich, schliesslich ist er nach wie vor frisch im Profifussball. FCL-Coach Mario Frick hat anhand von Spielern wie Ardon Jashari oder Pascal Loretz bereits bewiesen, Talente optimal fördern zu können. Auch Jaquez profitiert von der Arbeit mit Frick und dürfte das nächste Eigengewächs sein, das sich beim FC Luzern festspielt. Gelingt das, scheint der Weg zu einer erfolgreichen Karriere geebnet.

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