Diese Nati-Neulinge könnten für die EM-Qualifikation aufgeboten werden

Ende März startet die Schweizer Nationalmannschaft in die Qualifikationsphase für die EURO 2024. Ein guter Moment, um nach der Weltmeisterschaft frisches Blut in die Nati zu bringen. Welche Spieler kommen für ein erstmaliges Aufgebot in Frage?

Nach dem blutleeren WM-Aus gegen Portugal ist die Nati nun in der EM-Qualifikation gefordert: Die ersten Gegner der Schweiz im neuen Jahr heissen Weissrussland (25.3) und Israel (28.3). Gut möglich, dass Murat Yakin die Qualifikationsphase mit einem kleinen Umbruch einleitet. Sowohl in der Super League als auch im Ausland gibt es eine Reihe an Schweizer Profis, die zuletzt mit starken Leistungen auf sich aufmerksam gemacht haben – und die dafür vielleicht mit einem erstmaligen Nati-Aufgebot belohnt werden.

Am Donnerstag gibt der Nationaltrainer sein Kader für die anstehenden Quali-Partien bekannt. Ob einer dieser Kandidaten auf der Liste stehen wird?

Charles Pickel (25), US Cremonese

Pickel ist schon länger nahe an einem Nati-Aufgebot: Im September wurde der defensive Mittelfeldspieler von Yakin zum ersten Mal auf die Pikett-Liste gesetzt und auch für die WM stand er auf der Abrufliste. Seit letztem Sommer macht Pickel in der Serie A bei Aufsteiger US Cremonese auf sich aufmerksam. Mit seiner Agilität, Zweikampfstärke und Lauffreude stieg er schnell zum Schlüsselspieler im Mittelfeldzentrum auf. Zwar droht Cremonese der direkte Abstieg, doch immerhin erreichte man entgegen aller Wahrscheinlichkeit das Halbfinale der Coppa Italia. Entscheidend für diesen Erfolg: Charles Pickel. Im Achtelfinale traf er gegen Napoli, im Viertelfinale bereitete er das Siegtor gegen die AS Roma vor.

Keine Frage: Pickel hat genug Eigenwerbung betrieben, um den Gang in die Serie B nicht mitmachen zu müssen. Stade Reims aus der Ligue 1 soll bereits die Fühler ausgestreckt haben, wie 4-4-2 scheibt. Seine Leistungen müssten darüber hinaus auch für eine erstmalige Nati-Berufung reichen. Da Fabian Frei (34) verletzt ausfällt, ist ein Platz im Mittelfeld frei. Es wäre keine Überraschung, sollte Pickel zum Handkuss kommen.

Filip Stojilkovic (23), SV Darmstadt 98

Auch Filip Stojilkovic wurde von Murat Yakin bereits kontaktiert. Der U21-Nati-Stürmer wurde im letzten Jahr zweimal auf Abruf nominiert. Nach seinem Winter-Wechsel vom FC Sion zum SV Darmstadt 98, dem Tabellenführer der 2. Bundesliga, erhofft man sich nun den nächsten Entwicklungsschritt. Stojilkovic bringt ein äusserst interessantes Profil mit: bullig, relativ schnell, aggressiv und einsatzfreudig. Damit bringt er Qualitäten mit, die im Nati-Sturm ein wenig fehlen: Embolo ist wuchtig und explosiv, ausserdem exzellent mit dem Rücken zum Tor, ein klassischer Strafraumstürmer ist er aber nicht. Seferovic auf der anderen Seite ist gut in der Box und als Anspielstation, ihm fehlt aber die Spritzigkeit und Galligkeit, die Stojilkovic mitbringt.

Yakin dürfte nach der Klatsche im WM-Achtelfinal mindestens einen weiteren Stossstürmer ins EURO-Quali-Kader einbauen. Denn gegen Portugal wurde der Schweiz schmerzlich aufgezeigt, dass offensive Wechseloptionen fehlen. Das heisst: Im Sturm muss Kadertiefe her. Der Favorit auf diese Rolle dürfte Cedric Itten sein, doch auch Andi Zeqiri darf sich Chancen auf eine Rückkehr in die Nati ausrechnen. Es kann aber auch sein, dass der Nationaltrainer einem neuen Spieler eine Chance erteilt. In diesem Fall ist Stojilkovic Stand jetzt wohl die wahrscheinlichste Option.

Darian Males (21), FC Basel

Darian Males spielt die bis dato beste Saison seiner Karriere. In 31 Einsätzen kommt der offensive Mittelfeldspieler für den FC Basel 2022/23 auf starke 19 Scorerpunkte (9 Tore, 10 Assists). Damit ist Males bester Scorer des FCB in dieser Spielzeit. Der U21-Nationalspieler ist trotz seiner Grösse von 1,89m wendig und trickreich, dazu technisch versiert und mit einem guten Auge ausgestattet. Hie und da mangelt es im Abschluss noch an der letzten Konsequenz, doch Males bringt ohne Zweifel ein spannendes Gesamtpaket mit, das früher oder später in die Nati führen dürfte.

Im offensiven Mittelfeld verfügt Murat Yakin über viele Optionen, angefangen bei Xherdan Shaqiri. Dahinter stehen mit Zeki Amdouni und Fabian Rieder zwei Spieler, die für den Start der EURO-Quali ziemlich sicher mit dabei sein werden. Was für ein Aufgebot von Males spricht: Seine Flexibilität – er kann auch auf den Aussen und im Sturm aufgestellt werden – und sein Status als Doppelbürger. Males wäre auch für Serbien spielberechtigt, zuletzt soll der serbische Verband erste Avancen unternommen haben. Yakin ist ein Verfechter der Praxis, Doppelbürger mit gezielten Aufgeboten an die Schweiz zu binden. Es würde nicht erstaunen, wenn er das auch im Fall Males täte.

Gregory Wüthrich (28), Sturm Graz

Gregory Wüthrich hat einen erstaunlichen Karriereweg eingeschlagen: 2019 floh er von der YB-Ersatzbank nach Australien, mittlerweile ist er stellvertretender Captain beim österreichischen Vizemeister und wird gemeinhin zu den besten Verteidigern der Bundesliga gezählt. Diese starke Entwicklung wurde auch von Murat Yakin registriert. Für die Weltmeisterschaft setzte er Wüthrich erstmals auf die Abrufliste. Stand jetzt streitet sich der wuchtige Abwehrspieler mit Cédric Zesiger um den Platz des 5. Nati-Innenverteidigers hinter Akanji, Schär, Elvedi und Cömert.

Was für Wüthrich spricht: Seine grossen Qualitäten im physischen Bereich, seine Leadership-Qualitäten und – für Yakin besonders wichtig – seine internationale Tauglichkeit: Wüthrich absolvierte mit Sturm Graz in den letzten zwei Spielzeiten zwei volle Europa-League-Kampagnen und war dabei als Pfeiler der Defensive unverzichtbar. Sollte es in der Quali-Phase zu Ausfällen in der Stamm-Innenverteidigung kommen, ist Wüthrich ein heisser Anwärter auf ein Aufgebot.

Miro Muheim (24), Hamburger SV

Die grösste Problemzone der Schweizer Nationalmannschaft ist die linke Aussenverteidigung. Ricardo Rodriguez ist nach wie vor gesetzt und spielte eine starke WM, dahinter fehlen aber die Alternativen. Ein Spieler, den Yakin ab sofort einbinden könnte, ist Miro Muheim. Der frühere St.Galler hat sich in der 2. Bundesliga beim Hamburger SV als Stamm-Linksverteidiger etabliert. Der nächste logische Schritt wäre eine Nati-Nomination.

Muheim bringt Tempo und Vorwärtsdrang mit, zwei Aspekte, die Rodriguez deutlich abgehen. Defensiv ist er zwar nicht immer sattelfest, bringt aber den Biss und die Mentalität mit, allfällige Fehler wieder auszubügeln. Beim HSV hat der ex-Chelsea-Junior den nächsten Schritt gemacht und seinen Teil zur guten Saison der Rothosen beigetragen. Steigt der HSV mit Muheim auf, wird Yakin fast zwangsläufig auf ihn setzen müssen.

Überraschungskandidaten

Hinter diesen fünf wahrscheinlichsten Nati-Neulingen gibt es auch noch potentielle weitere Namen. In der Offensive wäre das allen voran Austria-Wien-Knipser Haris Tabakovic (28). Der Berner wechselte als Torschützenkönig der 2. Liga im Sommer nach Wien, wo er sich mittlerweile als Torjäger einen Namen gemacht hat. Tabakovic befindet sich in Topform, in seinen letzten 5 Partien traf er satte 6 Mal. Die 1,94m-Kante ist ein klassischer Neuner und lauert in der Box auf Hereingaben. Will Yakin ein Experiment wagen, könnte er Tabakovic eine Chance erteilen.

Einen Hinweis auf mögliche weitere Debütanten liefert Yakins Wochenendprogramm. Am Sonntag war er in Genf für die Partie zwischen Servette und Luzern vor Ort und bestätigte am Mikrofon von Blue gleich selber, dass er im Stadion potentielle Neulinge beäugt. Wen er damit wohl gemeint haben könnte? Spontan kommen einem da zwei Luzerner in den Sinn, die in dieser Saison für Furore gesorgt haben: Der dynamische Mittelfeldspieler Nicky Beloko (23) und natürlich der junge Torwart Pascal Loretz (19), der einen unglaublichen Aufstieg hingelegt hat.

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