The Streets Won’t Forget: Charles Amoah – Ikone des FC St. Gallen

Der Ghanaische Nationalspieler Charles Amoah schoss den FC St. Gallen in der Saison 1999/2000 praktisch im Alleingang mit 26 Toren zum 2. Meistertitel und verewigte sich somit in den Geschichtsbüchern des FC St.Gallen. Nach seiner erfolgreichen Zeit in der Schweiz wechselte der Goalgetter für eine Rekordsumme zum SK Sturm Graz nach Österreich. Mit «The Streets Won’t Forget» blicken wir auf seine aussergewöhnliche Karriere zurück.

Charles Amoah wurde am 28. Februar 1975 in Accra, Ghana, geboren und eignete sich das Fussballspielen bei der Jugendmannschaft des ghanaischen Vereins Okwawu United an. Für diesen Klub wurde er in der Saison 1994/95 zum ersten Mal in seiner Karriere Torschützenkönig und zog somit das Interesse verschiedener europäischer Klubs auf sich.

Im Juli 1995 wechselte der flinke Mittelstürmer zusammen mit seinem Landsmann Nii Aryee Welbeck in die Schweiz zum NLB-Verein FC Winterthur. Beim FCW kam Amoah nur sporadisch zum Einsatz. Um seine Entwicklung zu fördern, wechselte der Ghanaer auf Leihbasis in den Kanton Thurgau zum FC Frauenfeld. In der 3. Liga zog der Konterstürmer erstmals nationale Aufmerksamkeit auf sich, indem er in der Saison 1997/98 für die Thurgauer mehr als 20 Saisontore erzielte.

Charles Amoah macht sich in der Ostschweiz einen Namen

Durch seine Leistungen bei FC Frauenfeld kam auch das Interesse von Vereinen aus höheren Ligen. Mit seinem Wechsel zum FC Wil, wo damals Trainer Marcel Koller wirkte, konnte der Westafrikaner erstmals konstant professionelle Schweizer Fussballluft schnuppern. Die Saison 1998/99 in Wil verlief für ihn dabei äusserst erfolgreich und kann als Initialzündung seiner grossen Karriere in der Schweiz bezeichnet werden.

Der Angreifer erzielte wettbewerbsübergreifend 20 Tore in 33 Spielen und entwickelte sich zum absoluten Goalgetter der Ostschweizer. Da der FC Wil den Aufstieg in die erste Liga verpasste, wagte Amoah im Juli 1999 den Schritt in die Nationalliga A zum Kantonsrivalen St.Gallen. Ein wichtiger Faktor für diesen Transfer war erneut Marcel Koller, der erst sechs Monate zuvor als Trainer beim FCSG anheuerte.

Der Wechsel zahlte sich sowohl für Charles Amoah, als auch für den FC St.Gallen sofort aus. In den Farben der Espen schoss er bereits bei seinem Debüt gegen den FC Luzern sein erstes Saisontor und stieg in Windeseile zum Publikumsliebling auf. Auch in der folgenden Partie, gegen den FC Lausanne-Sport, konnte er mit dem Siegtor den Unterschied ausmachen. Eng mit Amoah verknüft war zur Freude der Fans eine grosse sportliche Wende: Während die vorangegangene Saison nämlich enttäuschend auf dem 8. Rang endete, stellte sich schon früh heraus, dass die Spielzeit 1999/2000 eine besondere werden könnte.

Amoah konnte gar nicht mehr aufhören zu treffen und erzielte bis zur Winterpause 17 Tore, womit er die Torschützenliste überlegen anführte. Seine unglaubliche Entwicklung wurde auch in seinem Heimatland intensiv beobachtet: Mitte November debütierte der damals 24-Jährige für die Black Stars im Duell gegen Ägypten. Bis 2003 bestritt er für sein Land total 15 Partien, wobei ihm starke 10 Treffer gelangen.

St.Gallen wird nach 96 Jahren wieder Schweizer Meister

Die Rückrunde verlief für den FCSG noch erfolgreicher als die Hinrunde. In 14 Spielen wurde nur eines verloren, bereits 4 Runden vor Schluss konnten die Espen mit einem Sieg gegen den FC Luzern den sensationellen Meistertitel sicherstellen – der erste seit 96 Jahren. Essentiell für diesen Coup war natürlich Amoah, der auch in der Rückrunde weiterhin ein wichtiger Pfeiler der Equipe war. Der Angreifer erzielte nach dem Jahreswechsel 9 Tore und ergatterte mit einem Total von 26 Toren die Torschützenkrone der höchsten Schweizer Liga.

Über die Jahre besonders in Erinnerung geblieben sind den St.Galler Fans ein spektakuläres 4:4-Remis gegen die Grasshoppers und unglaubliches 7:1 gegen den FC Luzern. In beiden Partien war es – wie hätte es auch anders sein können – Charles Amoah, der dem Spiel jeweils mit einem Doppelpack seinen Stempel aufdrückte. Zur Krönung seiner überragenden persönlichen Saison wurde der Ghanaer als Player of the Year ausgezeichnet.

Während seiner 2. Saison beim FCSG lief Amoah erstmals auf europäischem Parkett auf. In der Champions-League-Qualifikation ging es gegen den türkischen Topverein Galatasaray Istanbul. Amoah sorgte auch hier wieder für die Musik: Er traf sowohl ihm Hin-, als auch im Rückspiel, konnte das Ausscheiden am Ende aber nicht verhindern. Also ging es für die Espen in den Uefa-Cup, wo man es in der 1. Runde mit dem FC Chelsea zu tun bekam. Die erste Begegnung gewann der Favorit mit 1:0, die Ostschweizer gingen ohne grossen Glauben an einen Sieg ins Rückspiel.

Doch wider aller Erwartungen bekamen die Fans im Espenmoos einen wahrhaft magischen Fussballabend geboten: St.Gallens Mittelfeld-Ikone Sascha Müller erzielte das 1:0 und Charles Amoah besorgte kurz darauf den zweiten Treffer. Chelsea, mit Spielern wie Gianfranco Zola oder Roberto Di Matteo bestückt, konnte im grün-weissen Hexenkessel Torhüter Jörg Stiel nicht bezwingen und schied aus dem Uefa-Cup aus. Ausgelaugt vom historischen Triumph über die „Blues“ fehlte in der nächsten Runde gegen den FC Brügge die Körner und das nötige Spielglück und das europäische Abenteuer der St.Galler fand ein Ende.

Sturm Graz zahlt Rekordsumme für Amoah

Auch in der NLA war Charles Amoah für den FC St.Gallen weiterhin unangefochtener Leistungsträger und hievte den Klub mit 12 Toren bis zur Winterpause auf den 2. Platz in der Tabelle. Wenig überraschend gab es aber zunehmend Interesse aus dem Ausland am spielfreudigen, torhungrigen Offensivmann. Im Januar 2001 entschloss er sich schliesslich, der Ostschweiz den Rücken zu kehren und über die Grenze nach Österreich zu wechseln. Für eine Rekordsumme von fast 4 Millionen Euro wurde Amoah zum österreichischen Bundesligisten Sturm Graz transferiert. Aus St.Galler Sicht war der Abgang des Starspielers nur schwer zu verdauen, aufgrund finanzieller Schwierigkeiten konnte man das hohe Angebot aber schlicht nicht ablehnen. Bis heute gilt Amoah als teuerster Verkauf der Vereinsgeschichte.

In Österreich konnte der Ghanaer aber nie Fuss fassen. Er hatte oft mit Knieverletzungen zu kämpfen und konnte den hohen Erwartungen nur schwer gerecht werden. Nach knapp 3 Jahren wechselte Amoah zurück nach Ghana zu seinem Jugendverein Okwawu United. Ganz aufgegeben hatte er sich in Österreich aber noch nicht, 2007 wechselte er zurück in die Bundesliga und schloss sich dem LASK an. Nach einem halben Jahr war dann aber endgültig Schluss und Amoah hängte seine Schuhe an den Nagel. In der Ostschweiz ist er bis heute eine Legende, die für immer in den Annalen des Vereins als Meistermacher verewigt sein wird.

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