Die Schweizer U21-Nationalmannschaft startet erfolgreich in einen neuen Zyklus. Mittendrin: Zahlreiche neue Spieler, die noch nicht viel Bekanntheit geniessen. Wir stellen diese unbekannten Schweizer Zukunftshoffnungen genauer vor.
Alles neu in der Schweizer U21-Nati. Trainer, Staff, Spieler. Ab sofort wird die Auswahl von Sascha Stauch angeführt, der zuletzt die U17-Nati trainiert hat. Der Deutsche startet mit der U21 in einen neuen Qualifikationszyklus für die EURO 2025 in der Slowakei. Dabei trifft die Schweiz auf Rumänien, Finnland, Albanien, Montenegro und Armenien. Das Ziel ist klar: eine dritte EM-Quali in Folge. Der Start ist geglückt: Auswärts in Finnland resultierte ein 2:1-Sieg dank Toren von Nikolas Muci und Lars Villiger.
In dieser Kampagne muss die Schweiz ohne zahlreiche Schlüsselspieler der letzten U21-Auswahl auskommen. Zeki Amdouni, Dan Ndoye, Kastriot Imeri, Simon Sohm oder Lewin Blum sind altersbedingt nicht mehr spielberechtigt. Ab sofort sind nur noch Spieler mit Jahrgang 2002 oder jünger für die U21 zugelassen. Zwangsläufig bedeutet das, dass viel frisches Blut in die Mannschaft strömt.
Im ersten Aufgebot von Sascha Stauch sind einige unbekannte Namen zu finden. Viele dieser Youngster sind noch nicht lange im Profifussball unterwegs und daher dem breiten Publikum noch nicht geläufig. Dennoch ist es wichtig, diese Spieler zu kennen – schliesslich bilden sie in den Augen des Verbandes die Zukunft des Schweizer Fussballs. Also: Wer sind diese unbekannten neuen Gesichter?
Franck Surdenz: Challenge-League-Shootingstar
Er gehört in dieser Auflistung zu den prominenteren Namen: Xamax-Wirbelwind Franck Surdez (21), seit 2021 regelmässig in der Challenge League im Einsatz. Seit der Amtsübernahme von Uli Forte hat der 1,88m grosse Angreifer einen eindrücklichen Entwicklungssprung gemacht und sich im Nu zum vielleicht wichtigsten Spieler in der Offensive der Neuenburger aufgeschwungen. In dieser Saison kommt Surdez in Liga und Cup zum Zeitpunkt des Aufgebots auf starke 8 Scorerpunkte (6 Tore, 2 Assists) in 7 Partien.
Neben seinem tollen Output hat sich Surdez auch durch sein aussergewöhnliches Profil für ein Aufgebot in diese neue U21-Auswahl empfohlen: Variabel einsetzbar, pfeilschnell, agil. Dazu beidfüssig gut, elegant und unberechenbar im Eins-gegen-Eins. Offensivspieler mit diesen Qualitäten sind im modernen Fussball gefragter denn je. Zum Start der neuen U21-Kampagne stand Surdez in Finnland als Aussenläufer über die volle Distanz im Einsatz und sorgte für viel Betrieb – inklusive Assist zum Siegtor. Trotz aller Leichtfüssigkeit und Spielfreude, die er verströmt, muss auch gesagt sein: Ein bisschen mehr Masse und Wasserverdrängung würde Surdez bestimmt nicht schaden.
Joel Bichsel: YB-Talent auf Deutschland-Abenteuer
Joel Bichsel (21) ist der einzige Spieler dieser Mannschaft, der noch keine einzige Sekunde in der Super League oder in der Challenge League absolviert hat. Stattdessen sammelt er seit dieser Saison Einsatzzeit in der 3. Liga in Deutschland. Dort hat er sich im Eiltempo zum Stammspieler in der U23 des SC Freiburg gemausert. Gemeinsam mit dem früheren U21-Nati-Verteidiger und EM-Fahrer Serge Müller (22) bildet Bichsel die Innenverteidigung, verpasst hat das Duo bis zur Länderspielpause keine Sekunde.
Speziell: Bichsel steht nur leihweise beim SC Freiburg unter Vertrag. Im nächsten Jahr kehrt er zu seinem Stammverein YB zurück. Dort bescheinigt man dem 1,94m-grossen Abwehrrecken eine vielversprechende Zukunft. In Deutschland soll er Spielpraxis sammeln und reifen, um dann für die kommende Spielzeit in Bern durchzustarten. Nicht wenige sehen in Bichsel als linksfüssigem, physisch starken Innenverteidiger den langfristigen Nachfolger von Cédric Zesiger (25). Alleine schon aufgrund seiner Physis und seinem linken Fuss hat Bichsel eine Zukunft im Profifussball. Aus denselben Gründen ist er auch interessant für den SFV. Ob bei YB oder in der U21-Nati – sein Name wird noch öfter fallen.
Nando Zimmermann: Die Überraschung hinten links
Gemeinsam mit Bichsel gehört Nando Zimmermann (21) zu den grössten Unbekannten dieses neuen U21-Teams. Erst vor wenigen Wochen feierte der Linksverteidiger sein Debüt im Profifussball – wenig später klopft er bereits an die Pforten des SFV. Zimmermann entstammt dem Nachwuchs des FC Luzern, musste aber einen Umweg über die Promotion League nehmen, um seine Profikarriere zu lancieren. Im Sommer 2022 verliess er den FCL und wechselte zum SC Cham in die Promotion League. Dort spielte er eine starke Saison und empfahl sich so für den nächsten Karriereschritt. Das Rennen gemacht hat die AC Bellinzona mit dem früheren FCL-Jugendcoach Sandro Chieffo.
Die Umstellung aufs höhere Level war für Zimmermann kein Problem. Der dynamische Aussenverteidiger spielte sich sogleich in die Startelf und absolvierte bis zur Länderspielpause sämtliche Challenge-League-Partien über 90 Minuten. Dank dieser wertvollen Spielpraxis rutschte Zimmermann ins U21-Aufgebot. Zu einem Einsatz kam es im 1. Spiel gegen Finnland zwar noch nicht. Doch alleine schon aufgrund der dünnen Konkurrenzsituation – es gibt nur wenige gelernte Schweizer U21-Linksverteidiger im Profifussball – dürfte er seine Chance noch erhalten.
Fabrizio Cavegn: Die Bündner Fussballhoffnung
Das Bündnerland ist für vieles bekannt – aber nicht zwingend für erfolgreiche Fussballer. Fabrizio Cavegn (21) ist im Begriff, dies zu ändern. Der talentierte Angreifer aus Val Lumnezia sorgte in den vergangenen zwei Jahren in der U21 des FC St.Gallen für viel Furore. Zuerst in der 1. Liga Classic mit 20 Toren in 26 Einsätzen, dann in der Promotion League mit 22 Treffern in 27 Einsätzen. Phänomenale Quoten – die ihm nun das Tor zum Profifussball geöffnet haben. In diesem Sommer verliess Cavegn den FCSG mangels Perspektiven in der 1. Mannschaft und schloss sich dem FC Vaduz in der Challenge League an. Ein Transfer, der sich bereits bezahlt gemacht hat. Ohne Anlaufzeit stieg Cavegn zum Stammspieler auf und erzielte bereits seine ersten Tore. Darüber hinaus sammelte er mit den Liechtensteinern Erfahrungen in der Conference League.
An Mittelstürmern mangelt es Sascha Stauch nicht. Und Cavegn damit auch nicht an Konkurrenz. Doch der Bündner hat gute Argumente. Neben seiner Spielpraxis beim FC Vaduz und seiner starken Torausbeute ist dies vor allem sein von Intensität geprägtes Spiel. Das – in Kombination mit seiner gesunden Grundaggressivität – macht ihn zu einem idealen Pressingstürmer. Cavegn ist ausserdem mobil und körperlich relativ robust. Athletisch bringt er somit gute Voraussetzungen für eine erfolgreiche Karriere mit. Graubünden darf sich sicher sein, dass Cavegn die Kantonsflagge auch auf Nati-Stufe würdig vertreten wird. Gegen Finnland kam er zu einem ersten Kurzeinsatz und half mit, den Vorsprung über die Zeit zu bringen.
Zachary Athekame: Uli Fortes Musterschüler
Zachary Athekame (18) ist nach Surdez ein weiteres Xamax-Eigengewächs, das noch unter dem Radar fliegt. Interessant: Der Rechtsverteidiger ist der jüngste Spieler im gesamten U21-Kader. Seinen Platz in der Mannschaft hat sich Athekame mit starken Leistungen in der Challenge League redlich verdient. Der Youngster gehört seit letztem Winter zum Profikader der Neuenburger und hat sich unter Trainer Uli Forte einen Stammplatz in der Abwehrkette erkämpft. Genau wie Zimmermann stand auch Athekame in sämtlichen Partien über die volle Dauer im Einsatz. Logisch, dass man sich so für eine Rolle in der Nati aufdrängt.
Forte hält grosse Stücke auf den jungen Aussenverteidiger. Mit Athletik, Zweikampfhärte und Einsatzfreude hat sich Athekame schnell zu einem Leistungsträger in der Challenge League aufgeschwungen. Unerschrocken, aufopferungsvoll und standhaft – allesamt Kompetenzen, die Defensiv-Spezialist Forte an seinen Spielern besonders schätzt. In gewissen Bereichen hat der 18-Jährige natürlich noch Luft nach oben, gerade was Präzision und technische Sauberkeit anbelangt. Doch unter dem Strich ist das, was Athekame trotz geringer Profierfahrung und Altersunterschied bereits anbietet, durchaus vielversprechend. Auch für die U21-Nati hat er das bereits aufblitzen lassen. Auch er wurde in der 2. Halbzeit gegen Finnland eingewechselt und fiel mit Explosivität, energetischer Spielweise und Aggressivität auf. Ein gutes Bewerbungsschreiben für weitere Einsätze mit dem Schweizerkreuz auf der Brust.