«Goaltrades Academy»: Das ist der erste Scouting-Kurs der Schweiz

«Scouting» – für viele Fussballnerds ein Traumberuf. Doch wie wird man eigentlich Scout? Plätze sind rar, eine offizielle Ausbildung gibts nicht. «Goaltrades Academy» will hier Abhilfe schaffen. Und bietet neuerdings den allerersten Scouting-Kurs der Schweiz an.

Dem Scouting wohnt für Fussballnerds eine grosse Faszination inne. Talentierte Spieler entdecken, künftige Stars identifizieren – das bietet nicht nur für leidenschaftliche Zocker von «Football Manager» grossen Reiz. Viele interessieren sich für diese Metier. Aber im professionellen Scouting zu landen, ist sehr schwer.

Oliver Zesiger (früher Scout bei Lausanne, heute Sportkoordinator beim FC Biel), Mirco Papaleo (Scout beim FC Luzern) und Johannes Moos (Chefscout im Nachwuchs des FC Basel) haben es geschafft. Und wollen gleichgesinnten Anfängern nun einen Einstiegsweg ermöglichen. Gemeinsam mit «Goaltrades Academy» haben sie den allerersten Scouting-Kurs der Schweiz ins Leben gerufen. Aber was erwartet Besucher dieser Ausbildung? Kann man «Scouting» überhaupt erlernen? Bolzplazz hat Gründungsmitglied Oliver Zesiger zu einem Interview getroffen.

Hallo Oliver. Erzähl uns zum Start mehr zu den Menschen hinter dem Kurs. Wer seid ihr genau?

Mirco, Johannes und ich sind alle drei als Referenten engagiert. Wir arbeiten alle bei Vereinen im Scouting. Mirco ist Scout für die 1. Mannschaft beim FC Luzern. Johannes ist Chefscout für den Nachwuchs beim FC Basel. Ich bin inzwischen Sportkoordinator beim FC Biel und Scout für die Gruppe Core Sports Capital rund um Biel, Clérmont Foot und Austria Lustenau. Da kommt sehr viel Know-How aus verschiedenen Bereichen des Scoutings zusammen. 

Mirco und ich kennen uns schon lange. Er hat vor einigen Jahren angefangen, für Football Manager zu arbeiten und den Wunsch geäussert, ins Scouting einsteigen zu wollen. Zusammen haben wir die erste Form des Kurses entwickelt. Johannes haben wir durch den Besuch von Spielen kennengelernt und es ist uns gelungen, ihn für unser Projekt zu begeistern.

Der Scouting-Kurs wird von «Goaltrades» organisiert. Was ist das für eine Organisation?

In der Vergangenheit fungierte Goaltrades als eine Scouting-Plattform, die ambitionierten Scout die Gelegenheit bot, sich zu profilieren und ihre Reports zu verkaufen. Die Plattform existiert heute nicht mehr. Trotzdem bleibt das Engagement für ambitionierte Scouts bestehen. Wir möchte ihnen weiterhin die Möglichkeit bieten, im Fussballbereich erfolgreich zu sein. Daher haben wir die Academy ins Leben gerufen.

Wie ist die Idee für einen Scouting-Kurs in der Schweiz entstanden?

Wir alle haben einige Scoutingkurse im Ausland besucht. Sei es in England, Italien oder Deutschland. Da kam bei uns die Frage auf, warum es so etwas in der Schweiz noch nicht gibt. Schliesslich haben wir oft mit Menschen Kontakt, die sich sehr fürs Scouting interessieren, aber keine Möglichkeit für einen Einstieg sehen. Wir wollen mit der Goaltrades Academy die nächste Generation an Scouts ausbilden und unseren Teil zur Entwicklung des Fussballs auf verschiedenen Ebenen beitragen. 

Zudem möchten wir auch ein Bewusstsein schaffen, was Scouting überhaupt ist. Es wird oft davon gesprochen, aber Scouting ist vielseitig und das Geschäft sehr diskret. Wir wollen, dass Menschen mit unserem Kurs hinter die Kulissen blicken können.

Was qualifiziert ausgerechnet euch, als «Lehrpersonen» für einen solchen Kurs?

Wir haben kombiniert über 30 Jahre Erfahrung im Fussballbusiness und spezifisch im Scouting. Johannes arbeitete vor dem FC Basel auch lange für GC. Mirco hat auch für GC gearbeitet. Und ich arbeitete vor Core Sports Capital für Lausanne-Sport und eine Agentur. Zudem bilden wir uns alle drei dauernd weiter mit Inhalten, die wir später auch an unsere Kursteilnehmer weitergeben möchten.

Wie ist der Kurs aufgebaut? Was sind die Lerninhalte?

Der Grundkurs dauert insgesamt sechs Stunden. Es beginnt einfach, mit der Vorbereitung eines Scouts auf ein Spiel, welches er beobachten möchte. Die Teilnehmer lernen auch, wie man einen Spieler beurteilt, anhand welcher Kriterien. Und welche Spielerprofile es gibt. Später im Kurs wird dann das Gelernte angewendet und die Teilnehmer dürfen einen Spieler per Video beobachten und bewerten. Auch zum Scouting mit Daten haben wir einen Teil. Das Scouting per Daten ist noch immer nicht komplett in der Schweiz angekommen und das möchten wir ändern.

Wir halten den Kurs so interaktiv wie möglich und wollen, dass die Teilnehmer Fragen stellen oder Anmerkungen machen. Die besten Kurse sind die, die sich wie eine Diskussion und nicht wie ein Kurs anfühlen. Geplant sind auch weitere Kurse, in denen wir vertieft auf weitere Inhalte eingehen.

«Wir wollen, dass Menschen mit unserem Kurs hinter die Kulissen blicken können.»

Gab es spezielle Hürden und Herausforderungen bei der Planung und Umsetzung?

Es tauchen immer wieder Dinge auf, die wir nicht vorausgesehen haben. Das Einfachste war die Erstellung der Kursinhalte. Darin liegt unsere Fachkompetenz. Aber uns fehlt zum Beispiel noch eine klare Marketingstrategie.

Was ist «Scouting» für dich? Glaubst du, dass man dieses Handwerk in einem Kurs erlernen kann? 

Scouting ist Freiheit. Am Ende geht es darum, den richtigen Spieler für die richtigen Konditionen zu finden. Wie man an dieses Ziel gelangt ist vielseitig und unterscheidet sich von Verein zu Verein, von Scout zu Scout. Wir geben mit unserem Kurs eine möglichst breite Übersicht über Methodiken und Strukturen. Damit haben die Teilnehmer das Basiswissen, um Scouting betreiben zu können. Aber Scouting basiert auch auf Erfahrung. Und diese kann man nicht in einem Kurs erlernen, sondern nur auf den Plätzen oder Stadien. 

Erhalten Absolventen des Kurses eine Bescheinigung? Arbeitet ihr daran, dass ein solches Zertifikat evtl. auch vom Verband akzeptiert wird?

Unsere Teilnehmer erhalten ein Zertifikat. Es gab bereits Berührungspunkte mit dem Verband, aber wir möchte zuerst einige Kurse durchführen, bevor wir auf den Verband zugehen. Schliesslich lernen bei uns nicht nur die Teilnehmer, sondern auch wir arbeiten mit dem Feedback daran, die Kurse zu optimieren.

Gibt es vergleichbare ähnliche Kursangebote im Ausland, von denen ihr euch inspirieren lasst?

Es gibt viele Angebote im Ausland. Bei uns kam die Inspiration für die Durchführung eines Kurses in der Schweiz daraus, dass wir selber an einigen Kursen teilgenommen haben. Die Inhalte des Goaltrades Academy Scouting Grundkurses wurde aber von uns selber erarbeitet. Wir möchten den Teilnehmern so viel wie möglich mit auf den Weg geben, ohne dabei die Inhalte trocken rüberzubringen.

Wie ist das Feedback? Stösst der Kurs auf Interesse?

Unser erster Kurs in Schlieren war restlose ausverkauft. Auch für den zweiten Kurs, welcher online stattfindet, läuft der Vorverkauf gut. Allgemein ist das Feedback sehr positiv. Die Teilnehmer schätzen die vielen interaktiven Elemente und Inhalte.

Der erste Kurs war restlos ausverkauft.

Habt ihr Rückmeldungen von Leuten aus dem Profigeschäft erhalten, dem Verband, Vereinen, (Ex)-Spielern?

Wir hatten am Kurs in Schlieren zwei Ex-Profis als Teilnehmer dabei. Zudem gab es Berührungspunkte mit Profivereinen. Wir sind generell offen für alle Arten von Anfragen, sei es aus dem Profi- oder Amateurbereich.

Was ist der langfristige Plan? Die Wunschdestination? Kann der Kurs zu einem Pfeiler eures Berufslebens werden? Gibts hier auch finanzielle Perspektiven?

Wir werden weitere Kursinhalte anbieten. Etwa vertiefte Einsicht ins Datenscouting oder auch eine Übung, in der die Teilnehmer ein Transferfenster eines Vereins simulieren. Aber wir wollen keine unfertigen Kurse anbieten, deshalb nehmen wir uns die nötige Zeit. Wir sind froh, dass wir bereits jetzt unseren Grundkurs mehrmals jährlich durchführen können.

Unser Hauptanliegen bei der Goaltrades Academy war nie der finanzielle Aspekt. Vielmehr liegt unser Fokus darauf, eine Bewegung von Scouts zu erschaffen. Wir wollen eine Community aufbauen, in der Scouts ihre Fähigkeiten und Kenntnisse teilen, sich vernetzen und gemeinsam wachsen können.

Der Fussball scheint von aussen eine verschlossene Welt zu sein. Ihr habt es geschafft, da reinzurutschen – ein Traum für viele. Was ist dein Tipp für begeisterte Fussballnerds, die ins Scouting einsteigen wollen?

Wie in vielen Berufen ist ein gutes Netzwerk sehr wichtig. Geht raus und schaut Spiele. Sprecht mit Leuten, die ihr da trefft. Das können andere Scouts, Agenten oder Trainer sein. Erarbeitet euch eine eigene Datenbank mit Scoutingreporten. Nutzt die sozialen Medien, um auf euch aufmerksam zu machen. So ist mir der Einstieg gelungen. Ihr müsst nicht alle überzeugen. Wenn ihr eine Person von euren Fähigkeiten überzeugt kann das schon reichen. Und besucht natürlich unsere Kurse!

Für Interessierte: Hier gehts zur Anmeldung

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