Das Trainer-Karussell beim FC Zürich nimmt nach Franco Fodas Entlassung Fahrt auf. Präsident Ancillo Canepa und Sportchef Marinko Jurendic stehen vor einer schwierigen Entscheidung. Denn: Auch wenn kurzfristig ein Interims-Trainer übernehmen sollte, braucht es nach dem Fehlgriff mit Foda einen geeigneten Nachfolger, der die Mannschaft langfristig wieder konkurrenzfähig machen und die Saison retten kann.
21. September 2022, 10:26 Uhr: Ein paar Jubelschreie gehen durch Zürich, denn die neuste Push-Nachricht sorgt bei vielen FCZ-Fans für Erleichterung: «Meister FC Zürich trennt sich von Trainer Franco Foda.» Selten war eine Entlassung im Schweizer Fussball verständlicher. Unter Foda, der zuletzt sechs Niederlagen aneinanderreihte, degenerierte der FCZ vom euphorisierten Meister zum Kellerkind. Kein einziger Sieg in der Liga gelang dem Deutschen mit dem Stadtlcub – etwas, das seit der Einführung der Super League kein anderer Trainer fertigbrachte.
Sofort beginnt nun das Rätselraten über seinen Nachfolger. Denn klar ist: Ein Interims-Trainer ist schnell gefunden. Der FC Zürich braucht jedoch einen Coach, der langfristig im Verein bleibt und den abgestürzten Meister wieder nach oben führt. Der ein „Projekt FCZ“ à la Breitenreiter prägen kann. Welche Kandidaten kommen dafür in Frage?
Clubinterne Möglichkeit: Genesio Colatrella
Der 50-jährige Schweizer kam im Juli 2021 vom FC Luzern als neuer U-21 Trainer zum FC Zürich und war schnell erfolgreich. Mit dem Nachwuchsteam erreichte Colatrella in der Saison 2021/22 die Aufstiegsrunde der Promotion League. Seine gute Arbeit zeichnet sich nicht zuletzt auch dadurch aus, dass jüngst die beiden U-21 Spieler Selmin Hodza und Miguel Reichmuth ins Fanionteam des Stadtclubs befördert wurden. Für Canepa und Jurendic bietet der ehemalige Assistenztrainer von Fabio Celestini vor allem auch finanzielle Anreize, da er erstens bereits im Verein angestellt ist und zweitens als unerfahrener Trainer keine zu hohen Gehaltsansprüche geltend machen kann. Eine Anstellung Colatrellas als Trainer der 1. Mannschaft wäre auf sportlicher Ebene natürlich risikobehaftet. Denn: Colatrella hat noch keine Profi-Erfahrung als Cheftrainer – eignet sich da der kriselnde FCZ als erster Gehversuch?
Rückkehrer aus Japan: René Weiler
Ein realistischer Nachfolger für Franco Foda ist der Winterthurer René Weiler. Der ehemalige Nürnberg- und Anderlecht-Erfolgstrainer verfügt über reichlich Erfahrung – sowohl auf internationaler Ebene, als auch im Schweizer Profifussball. Auch europäisch konnte Weiler bereits auf sich aufmerksam machen. Mit dem belgischen Traditionsclub Anderlecht erreichte er in der Saison 2016/17 das Viertelfinale der Europa League und scheiterte erst am englischen Giganten Manchester United. Bis August 2022 war Weiler in Japan bei den Kashima Antlers tätig. Der ehemalige FCZ-Sportchef Fredy Bickel mutmasste in einem Interview mit Blue News bereits, dass zwischen René Weiler und dem FCZ verhandelt würde. Weiler bringt geballte Fussballkompetenz mit, gilt aber als eigensinnig und meinungsstark – ob sich das mit Canepa verträgt?
Deutscher Trainer als Erfolgskonzept: Alexander Zorniger
Eine spannende – aber auch teure – Option wäre jene des zurzeit vereinslosen Deutschen Alexander Zorniger. Der ehemalige Apollon-Limassol-Trainer, der zudem auch bei RB Leipzig, beim VfB Stuttgart und bei Bröndby angestellt war, soll gemäss Nau bereits nach dem Abgang vom Meistertrainer André Breitenreiter ein Thema gewesen sein. Besonders erfolgreich war der Schwabe in Zypern. Nach 16 Jahren ohne Meistertitel führte Zorniger Limassol in der letzten Spielzeit zur Meisterschaft und wurde darüber hinaus zum Trainer der Saison erkoren. Im Interview mit Bild sagte er dazu: «Wir hatten einen schlechten Beginn. Wir haben dann das System umgestellt, weg von meiner geliebten Raute. Das hat der Mannschaft geholfen.» Zornigers Anpassungsfähigkeit und Variabilität würde dem FC Zürich zugutekommen – schliesslich scheiterte Foda nicht zuletzt am eigenen Selbstverwirklichungsdrang und dem Beharren auf Systeme und Taktiken, die schlicht nicht zum Zürcher Kader passten.
Weitere Kandidaten: Feuerwehrmann Forte oder Charakterkopf Celestini?
Sobald ein Job im Schweizer Fussball frei wird, wird sein Name oft genannt: Uli Forte. Der Zürcher ist nach seinem schnellen Aus bei Arminia Bielefeld wieder auf dem Arbeitsmarkt und kennt den Stadtclub bestens – immerhin führte er den FCZ 2017 zurück ins Schweizer Oberhaus. Ob er als Feuerwehrmann für eine Rückkehr in Frage kommt? Ebenfalls nach einem gescheiterten Engagement arbeitslos ist nach wie vor ex-Nati-Coach Vladimir Petkovic. Nachdem er dem SFV im Sommer 2021 den Rücken kehrte, legte er mit Bordeaux eine Horror-Saison hin, die nicht nur in seiner Entlassung, sondern auch gar im Abstieg des Vereins endete. Nicht die beste Visitenkarte – und ohnehin dürfte Petkovic für den FCZ kaum zu finanzieren sein. Dasselbe trifft wohl auch auf ex-FCZ-Meistercoach Lucien Favre zu, der in Nizza vor dem Aus steht.
Bestens mit der Super League vertraut ist Fabio Celestini. Der frühere Nationalspieler ist seit letztem Winter und seinem Rausschmiss beim FC Luzern auf der Suche nach einer neuen Herausforderung. Celestini steht für spektakulären Offensivfussball – aber auch für löchrige Abwehrreihen. Darüber hinaus gilt er als heissblütiger Charakterkopf, der gerne aneckt. Dass er in dieser Phase vielleicht nicht der geeignetste Kandidat auf den FCZ-Job ist, liegt auf der Hand.
Canepas Affinität für die Bundesliga ist bekannt. Seine Faszination für den deutschen Fussball ermöglichte die Anstellung Breitenreiters – brockte dem FCZ aber eben auch Foda ein. Achim Beierlorzer, Sebastian Hoeness, Domenico Tedesco, Bruno Labbadia, Thomas Reis und Florian Kohfeldt sind aktuell alle ohne Verein. Für den Schweizer Meister darstellbar dürfte von dieser Auflistung aber kaum einer sein. Gerade Hoeness, Reis und Labbadia sind aber äusserst spannende Kandidaten, denen eine starke Amtszeit in Zürich zuzutrauen wäre.
Die nächsten Schritte des FC Zürichs müssen einerseits wohl durchdacht sein und doch mit einer gewissen Eile vollzogen werden. Bis zur Weltmeisterschaft steht auf nationaler wie auch auf internationaler Ebene eine wichtige Phase an. Falls man die laufende Saison noch retten will, muss in diesem Herbst ein Neuanfang gelingen – mit einem Trainer, der den verunsicherten Meister wieder aufrichten und in Zürich wieder Begeisterung wecken kann. Und der im Idealfall vor Ende der Länderspielpause die Arbeit aufnimmt.