Next Generation FC St.Gallen

In der Serie „Next Generation“ wirft Bolzplazz einen Blick auf die Nachwuchsakademien der Super League-Klubs und stellt die besten Talente des Landes vor. Teil 8: FC St. Gallen 1879. Wer sind die vielversprechendsten jungen Akteure der Espen?

Mit Leonidas Stergiou (21), Christian Witzig (22) und dem Rückkehrer Betim Fazliji (24) stehen bei den Ostschweizern aktuell drei entwicklungsfähige aber trotzdem schon gestandene Spieler im Kader, welche ihre fussballerischen Anfänge in der eigenen Nachwuchsabteilung verbracht haben. Dasselbe gilt für die beiden Rechtsverteidiger und Identifikationsfiguren Patrick Sutter (24) und Nicolas Lüchinger (28). Im fussballverrückten St. Galler Umfeld war und ist die Begeisterung für frühere FCSG-Junioren extrem hoch. Die genannten Namen zeigen, dass die Durchlässigkeit in die erste Mannschaft des FC St. Gallen in den letzten Jahren auf hohem Niveau war. Im schweizweiten Vergleich in Bezug auf die sogenannten „homegrown players“ stehen die Grün-Weissen jeweils auf den vorderen Rängen da.

Vor allem Klubpräsident Matthias Hüppi betont seit seinem Amtsantritt im Januar 2018 immer wieder die Wichtigkeit der Jugendabteilung. Man will diesen Zweig fördern und die verfügbaren finanziellen Mittel sollen nachhaltig wachsen. Mit Future Champs Ostschweiz (FCO) wurde vor rund 12 Jahren ein tolles Projekt gegründet. Dank einer Neuausrichtung zu Beginn der Ära Hüppi/Sutter/Zeidler wurden die Strukturen nochmals deutlich verbessert und professionalisiert. Dies immer mit dem Ziel, dass möglichst viele Ostschweizer Kinder und Jugendliche eine hervorragende sportliche und auch menschliche Ausbildung geniessen und nach Möglichkeit im Profiteam Fuss fassen können. Derzeit umfasst die FCO-Organisation über 600 junge Talente, etliche Stützpunkte in der gesamten Region sowie gute Infrastruktur und qualifiziertes Personal. Als Vorzeigeobjekt dient die FCSG-Akademie in Sichtweite zum Kybunpark.

Gute Rahmenbedingungen sind also gegeben, doch nicht wenige Fans sehen immer noch viel Verbesserungspotenzial im eigenen Nachwuchs. Heimischen Talente würden zu oft Leihspieler vor die Nase gesetzt und der Übertritt in die 1. Mannschaft sei in einigen Fällen zu wenig forciert worden, lauten die Kritikpunkte. Die Abgänge von Alessio Besio und Fabrizio Cavegn werden dabei als neuste Negativbeispiele herangezogen. Dass der FCSG seine Youngsters kaum ausleiht, beispielsweise zu einem Verein in der Challenge League, wird ebenfalls oft bemängelt.

Der U21 gelang in der letzten Saison der Klassenerhalt in der Promotion League. Die 2. Mannschaft in der dritthöchsten Spielklasse zu wissen, bringt für den FC St. Gallen bedeutsame Vorteile mit sich. In jenem Team und in der neugeschaffenen U19-Auswahl tummeln sich wieder einige verheissungsvolle Talente, welche dem Weg von Stergiou & co. beschreiten sollen.

Albin Krasniqi (2003)

Der 20-jährige Offensivmann spielte sich in der Sommervorbereitung beim Profiteam in den Fokus. Krasniqi konnte sich in den ersten drei Testspielen gegen den FC Schaffhausen und gegen die beiden österreichischen Vereine Dornbirn und Lustenau als Torschütze feiern lassen. Auch bei der Partie gegen den Europacup-Teilnehmer LASK vertraute Cheftrainer Zeidler auf den Rechtsfuss und liess ihn von Beginn an laufen – und wurde erneut mit einer guten Leistung des Angreifers belohnt. Diese starken Auftritte in der 1. Mannschaft werden dem Youngster viel Selbstvertrauen mit auf den Weg geben. Gut möglich, dass Krasniqi einer der Shootingstars der neuen Super-League-Saison wird, sollte er denn auch in der Meisterschaft vermehrt das Vertrauen erhalten. Am 2. Spieltag gegen Lugano feierte er sein Debüt in der Super League – weitere werden mit Sicherheit folgen.

Der gebürtige Solothurner weilt erst seit diesem Frühling in der Ostschweiz. Vorher war er in der Nachwuchsabteilung des FC Basel aktiv, wo er bis zu seinem Wechsel für die U21 auf starke 14 Treffer in 33 Spielen in der Promotion League kam. Medienberichten zufolge wollte Krasniqi seinen Vertrag am Rheinknie von sich aus auflösen und sah beim FCSG die besseren Perspektiven. Der Schweizer mit kosovarischen Wurzeln agiert meistens auf der rechten Aussenbahn und zeichnet sich durch viel Dynamik und eine erfrischende, unerschrockene Spielweise aus. Krasniqi taucht häufig in Abschlusspositionen auf und ist so ein stetiger Gefahrenherd für den Gegner. Aktuell gehört der Angreifer noch dem Kader der U21 der Espen an, sass zum Meisterschaftsstart aber bereits auf der Bank bei den Profis. Kann er die Eindrücke aus den Vorbereitungsspielen bestätigen, dürfte er bald schon eine grössere Rolle in der 1. Mannschaft einnehmen – und sich damit auch für den SFV aufdrängen.

Mischa Beeli (2004)

Der junge Mann aus Chur gilt bei vielen Insidern als eines der grössten Zukunftsversprechen im St.Galler Defensivbereich. Beeli ist Captain der U21 des FC St. Gallen und steht meist als Innenverteidiger auf dem Rasen. Der Abwehrchef fühlt sich aber auch im defensiven Mittelfeld wohl. Dass der 19-Jährige über viel Qualität verfügt, unterstreichen seine gesamthaft 17 Auftritte im Schweizer Nationaldress. Während viele seiner Altersgenossen mit technischen Finessen und Offensivspektakel auffallen wollen, ist der Rechtsfuss ein geborener Zerstörer.

Beeli ist sehr zweikampfstark und geht mit ungemein viel Intensität in die Duelle. Für einen Innenverteidiger ist er (noch) eher kleingewachsen, doch total 52 Partien in der 1. Liga und der Promotion League haben ihn bereits bestens an erwachsene Gegenspieler gewöhnt. Neben seinen sportlichen Stärken, sind auch die sozialen Eigenschaften von Beeli hervorzuheben. Als Spielführer übernimmt er enorme Verantwortung, wirkt überlegt und pusht seine Vorderleute immer wieder nach vorne. Fähigkeiten, welche unter anderem auch Peter Zeidler sehr gefallen. In Trainings und Testspielen durfte Beeli bereits Profiluft schnuppern. Es ist sehr wahrscheinlich, dass Alain Sutter dem Bündner bald einen Vertrag für die 1. Mannschaft anbietet – und er dann vielleicht schon bald zum internen Nachfolger von Stergiou auserkoren wird, sollte dieser ins Ausland abspringen.

Axel David Rouquette (2003)

Das Profil des 20-jährigen Franzosen ist äusserst interessant. Bis im vergangenen Sommer war Rouquette bei den Junioren des künftigen Champions-League-Teilnehmers RC Lens aktiv. In den U-Meisterschaften in Frankreich wurde er als Flügelspieler eingesetzt. Angekommen im grün-weissen Trikot funktionierte ihn U21-Coach Marco Hämmerli sofort zum Linksverteidiger um. Auf dieser Position stand der Mann mit dem markanten Lockenkopf in 20 Promotion-League-Spielen auf dem Rasen. In den zurückliegenden Wochen durfte er erstmals bei den „Grossen“ mittrainieren und einige Einsatzminuten in den Vorbereitungsspielen sammeln.

Die Spielweise von Rouquette wirkt bisweilen noch sehr wild und undiszipliniert. So sammelte er in der letzten Spielzeit zahlreiche gelbe und eine gelb-rote Karte. Im Umkehrschluss kann die Aggressivität des Franzosen auch als Pluspunkt angesehen werden. Gerade im Pressingfussball der St.Galler kann der Linksfuss dies gewinnbringend ausspielen. Als offensivdenkender Aussenverteidiger passt er optimal in Zeidlers Beuteschema. Die grösste Waffe von Rouquette ist ohne Zweifel seine Geschwindigkeit und seine Grinta. Bei teaminternen Tempo-Messungen brachte der 1,70 m-Mann alle zum Staunen. Kann er sich insbesondere defensivtaktisch noch steigern, könnte Rouquette mittelfristig eine valable Alternative für die 1. Mannschaft werden.

Corsin Konietzke (2006)

Corsin Konietzke wird zu den vielversprechendsten Talenten des Landes gezählt. Der zentrale Mittelfeldspieler wurde im vergangenen Monat 17 Jahre alt und durfte die Schweizer Farben jüngst an einer Endrunde vertreten. An der U17-Europameisterschaft im Mai wurde er gegen die Niederlande und gegen Kroatien eingewechselt. Im FCSG-Dress debütierte er im Februar als 16-Jähriger in der Promotion League, was ein weiteres Highlight seiner jungen Karriere war. Daraufhin wurde Konietzke aber nicht wieder in die U18-Auswahl zurückbeordert, sondern spielte sich in der U21 fest. Eine bemerkenswerte Leistung für einen derart jungen Nachwuchsspieler.

Konietzke ist im Mittelfeld polyvalent einsetzbar, egal ob als Achter, Spielgestalter oder auf den Aussenpositionen. Der schlaksige Youngster steht in allen Rollen für spielerische Klasse und ein feines Füsschen. Sowohl als Passgeber als auch als Distanzschütze bringt Konietzke viel Potenzial mit. Als Zuschauer fällt auch seine Schlitzohrigkeit ins Auge, mit der er Gegenspieler immer wieder überraschen kann. Daneben gilt es auch seinen Arbeitseifer und seine defensive Disziplin zu erwähnen. Einen ersten Pflichtspielauftritt in der Profimannschaft sollte man in der kommenden Saison noch nicht unbedingt erwarten, aber in naher Zukunft ist definitiv mit Konietzke zu rechnen.

Jason Parente (2006)

Genau wie Konietzke stand auch Jason Parente mit der Schweizer Nationalmannschaft an der U17-EM in Ungarn auf dem Platz – eine grosse Ehre für den ehemaligen Junior des FC Herisau. Ein Tor gelang dem variabel einsetzbaren offensiven Mittelfeldspieler an der Europameisterschaft zwar nicht, doch dafür zeigte er sich im Jahr zuvor bei der U16-Nati mit vier Toren aus sechs Spielen bereits sehr treffsicher. Das Hauptaugenmerk von Parentes Spiel liegt jedoch weniger auf dem Erzielen von möglichst vielen Scorerpunkten – seine Torgefährlichkeit ist eher ein zusätzlicher Bonus. Vielmehr vermag der 17-Jährige einer Partie mit seiner extremen Laufstärke den Stempel aufzudrücken. In puncto Intensität und Einsatzwillen gehört Parente in seiner Altersstufe schweizweit zu den allerbesten. Auf die neue Saison hin wurde Parente aus der U18 in die U21 befördert und wird fortan in der Promotion League Kilometer sammeln.

In manchen Spielsituationen muss Parente noch lernen, seine Emotionen besser unter Kontrolle zu halten und mit kühlem Kopf die richtigen Entscheidungen zu treffen. Die St.Galler Trainer werden alles daran setzen, ihren Rohdiamanten entsprechend zu schleifen. Schnelligkeit, Leidenschaft, Durchsetzungsvermögen: Der 1,80 m grosse Mittelfeldmann vereint Attribute, die bestens zur Philosophie des FCSG passen. Laut Aussagen in einem Artikel des St.Galler Tagblattes möchte sich Jason unbedingt bei den Espen durchsetzen und in die 1. Mannschaft vorstossen. In Anbetracht des grossen Potenzials des Schweizers mit italienischen Wurzeln sind dies sehr gute Nachrichten für die Fans in der Ostschweiz.

Weitere spannende Spieler:

Edis Bytyqi (2003): Der technisch starke Mittelfeldspieler kosovarischer Abstammung stand bereits einmal im Super-League-Aufgebot von Peter Zeidler. Wurde vergangene Saison leider von Verletzungen ausgebremst.

Gonçalo Figueiredo (2003): Schneller Angreifer mit Torinstinkt und viel Biss. 10 Tore in der Promotion League sind ein ansehnliches Bewerbungsschreiben. Wird nach dem Abgang von Cavegn aus dessen Schatten treten.

Paul König (2004): Perspektivisch interessante Neuverpflichtung aus dem Campus des VfB Stuttgart. Der Innenverteidiger wurde mit den A-Junioren 2021/22 Deutscher Pokalsieger. Wird sich zuerst in der U21 der Espen beweisen müssen.

Arbnor Gecaj (2005): Der Captain der U18-Auswahl ist ein moderner und kompletter Innenverteidiger. Hat schon 11 Junioren-Länderspiele für die Schweiz auf dem Buckel.

Alessandro Vogt (2005): Machte beim FC Wohlen mit drei Toren im Schweizer Cup auf sich aufmerksam. Ehrgeiziger Stürmer, der bis zu seinem Wechsel in die FCSG-Nachwuchsakademie nicht den klassischen Weg einer heutigen Fussballerausbildung hingelegt hat.

Gentrit Muslija (2006): Der Stammtorhüter der U17-Nati ist definitiv für höhere Aufgaben berufen. Könnte bald erste Erfahrungen in der Promotion League sammeln.

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