Pascal Loretz unter der Lupe: Weshalb das Nati-Aufgebot absolut Sinn macht

Beitrag von Maxime Schär – Futbol Therapist: Auch wenn nach der letzten EM mit Yann Sommer ein bekanntes Gesicht aus der Nati zurückgetreten ist, es mangelt auf dem Papier definitiv nicht an Ersatzoptionen für Kobel: Jonas Omlin, Yvon Mvogo und Philipp Köhn beweisen sich seit einigen Jahren auf höchstem Niveau im Ausland. Zuletzt stand aber im November auch ein junger Torwart aus der Super League in Yakins Aufgebot. Seit heute ist klar – im anstehenden Zusammenzug greift der Nati-Coach wieder auf Luzerns Pascal Loretz zurück. Was zeichnet diesen 2003 geborenen Torhüter überhaupt aus und kann er für die Schweiz der Goalie von Morgen werden? Eine Analyse mit Video-Veranschaulichungen.

Stärke bei Flankenbällen: Loretz gehört zu den Torhütern, die bei Flanken die Gefahr abwehren können: er besitzt stets das nötige Selbstvertrauen, um in solchen Situationen rauszukommen – sei es, um den Ball abzufangen oder auch ganz klassisch einfach aus der Gefahr wegzuboxen. Nicht nur liest er kaum solche Flanken falsch, er schafft es auch stets sich einen Weg durch die Gegner zu bahnen und die richtige Interventionstechnik auszuwählen.

Vielfältige Abwehrtechniken: Das FCL-Eigengewächs verfügt über die für das höchsten Niveau nötige Explosivität beim klassischen Hechtsprung, auch wenn sie unter dem Radar bleiben könnte: Er steht oft sehr breit und tief, damit er mit seinen 191cm Körpergrösse nicht zu spät zum Boden kommt.

In anderen Ausgangslagen ist seine echte Reaktionsgeschwindigkeit zu sehen. Dies war schon mehrmals diese Saison der Fall, in denen er mit einigen Reflex-Saves glänzen konnte. Letztere gelten als wahre Indikator für Schnelligkeit, weil es in diesen Situationen keine Zeit zum Vorbereiten und Zögern gibt.

Zögern ist womöglich die grösste Schwäche von Loretz in 1-gegen-1-Situationen und bei Schüssen aus der Nähe. Er ist zwar gut darin, dem Schuss mit abgespreizten Armen und Beinen gegenüberzustehen, kommt aber tendenziell nicht genügend aus dem Kasten, um den Winkel für den Schützen zu verkleinern.
Ein wiederkehrendes Muster, das ihm diese Saison schon ein paar Tore gekostet hat – Verbesserungsmöglichkeiten sind in diesem Bereich also definitiv vorhanden.

Sein eher zurückhaltendes Herauskommen könnte darauf zurückzuführen sein, dass er eine etwas weiter vom Tor entfernte Ausgangsposition wählt als üblich. Dies betrifft insbesondere Flankensituationen, in denen er sich vor dem ersten Pfosten positioniert – möglicherweise eine bewusste Vorgabe des Trainers.

Kaltblütig mit dem Ball am Fuss: Bisher hat Loretz zwar keine bemerkenswerte Präzision bei langen Bällen gezeigt, überzeugt aber stattdessen mit einem guten Kurzpassspiel – auch bei gegnerischem Pressing.

Weniger erfolgreich ist er beim Versuch, das Spiel auf die linke Seite zu verlagern – würde er stattdessen seinen Körper so orientieren, um den ersten Ballkontakt mit dem linken Fuss zu ermöglichen, könnte ihm dies ihm unter Druck enorm helfen. Diese Schwäche ist aber eher unwesentlich und sollte ihm im Laufe seiner Karriere nicht massgeblich im Weg stehen.

Weiterentwicklungsmöglichkeiten: Die Stärken von Pascal Loretz wirken ausreichend genug, um auf einem höheren Niveau zu bestehen. Ob er sich in einer besseren Liga und / oder bei der Nati als Nummer 1 etablieren kann, steht in den Sternen – die Aussichten sind jedoch vielversprechend:

Neben der bereits erwähnten Kaltblütigkeit, mit der Loretz Situationen gewinnbringend analysiert, zeichnet er sich durch eine ermutigende Kommunikation und einen unbändigen Willen aus. Diese Eigenschaften ergänzen sich auf bemerkenswerte Weise – insbesondere wenn man bedenkt, wie entscheidend mentale Stärke und Persönlichkeit für die Weiterentwicklung sind. Für Torhüter dürfte dies sogar noch stärker zutreffen. Sein Bestreben, seine Mitspieler verbal zu führen, geht übrigens auf einen Tipp seines FCL-Torwarttrainers Lorenzo Bucchi zurück. Mit der Zeit soll Luzern dank Loretz auf dem Platz widerstandsfähiger gegenüber Ermüdung werden.

Auch wenn Loretz sich für ein Transfer ins Ausland entscheiden würde, so wird er weiterhin von der lobenswerten Schweizer Goalie-Schule begleitet werden. Dies ist vor allem Torwarttrainer Patrick Foletti zu verdanken: der angesehene Nati-Torwarttrainer verfolgt seine Schützlinge sehr eng und besucht diese regelmässig bei ihren Vereinen, auch um an bestimmten Punkten zusammenzuarbeiten.

Nun hat sich Loretz also weiter gut entwickelt und kommt nach seinem Aufgebot im November zu einer zweiten Chance auf sein Nationalmannschaftsdebüt, nachdem er zuletzt wegen einer Verletzung auf die Zusammenkunft verzichten musste. Es bleibt abzuwarten, ob das Luzerner Eigengewächs in den Spielen gegen Nordirland oder Luxemburg zum Einsatz kommt – zu wünschen wäre es ihm auf jeden Fall!

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