SC Freiburg – Das grösste Schweizer Talentbecken

Aktualisiert: 6. Feb. 2022

Gleich acht Schweizer Talente stehen in den Nachwuchssteams des deutschen Bundesligisten unter Vertrag. Wieso ist der SC Freiburg so attraktiv für Schweizer Youngster? Und wie sehen die individuellen Perspektiven unserer Breisgau-Exporte aus?

Der SC Freiburg ist in den letzten Monaten zur Adresse Nummer 1 aufgestiegen für junge Schweizer Nachwuchsspieler, die im Ausland ihren Traum vom Profifussball jagen. Konkret bedeutet das: Kein anderer ausländischer Verein beherbergt so viele Schweizer Youngster wie der SCF. Das hat gute Gründe.

Schweizer Connection im Nachwuchs

Ab 2015 mischt ein Schweizer Juniorentrainer die Akademie des SC Freiburg auf: Der Schaffhauser Thomas Stamm (38) wechselte als Nachwuchscoach des FC Winterthur ins Breisgau, Christian Streich höchtspersönlich hatte sich um ihn bemüht. In Deutschland übernimmt er die U19 des Bundesligisten und leistet hervorragende Arbeit. Heutige Shootingstars wie DFB-Innenverteidiger Nico Schlotterbeck oder Senkrechtstarter Kevin Schade entwickelten sich unter seiner Anleitung weiter. Der Lohn folgte prompt im letzten Sommer: Stamm wird in die U23 befördert, die mit seinem Vorgänger Christian Preusser den Aufstieg aus der Regionalliga in die 3. Liga geschafft hat. Seit dieser Saison ist der Schweizer also offiziell im deutschen Herrenfussball angekommen.

Mit Stamms Zuzug verschob sich auch der Blick der Freiburger Jugendscouts zunehmend in Richtung Nachbarland. Seine heissen Tipps und sein Netzwerk halfen dabei, vielversprechende Schweizer Talente über die Grenze zu locken. Der Strom an jungen Eidgenossen nimmt immer mehr zu. Aktuell stehen deren acht beim SCF unter Vertrag. Der Durchbruch in der ersten Mannschaft ist bis jetzt aber noch keinem von ihnen geglückt, das dürfte sich in naher Zukunft jedoch ändern: Einige der Schweizer Freiburg-Talente schnupperten bereits Profi-Luft und klopfen an die Eingangstür zur ersten Mannschaft. Andere, wie etwa der heutige Vaduzer und U21-Nationalspieler Matteo di Giusto (21), verbrachten eine Art „Lehrjahr“ im Breisgau und kehrten danach zu ihrem Stammklub zurück.

Neben der Connection durch Thomas Stamm gibt es zwei weitere Gründe für das besondere Standing des SCF unter Schweizer Youngstern: Einerseits die Nähe des Standorts Freiburg zur Heimat, andererseit die beachtliche Jugendarbeit der Breisgauer in den letzten Jahren. Das Vereinskonzept des Bundesligisten sieht explizit vor, den eigenen Nachwuchs zu fördern und diesem einen klaren Weg in die erste Mannschaft aufzuzeigen. Grössen wie Matthias Ginter, Daniel Caliguri, Christian Günter oder Maximilian Philipp haben allesamt diesen Pfad beschritten. Durch den Aufstieg der U23 in die 3. Liga verfügt der SC Freiburg zudem neuerdings über ein weiteres starkes Argument: Junge Spieler aus der Akademie können in der zweiten Mannschaft bereits Erfahrungen auf Profilevel machen und sich so nicht nur für Christian Streich und den Bundesligakader, sondern auch für andere Vereine interessant machen.

Nishan Burkart (22): 1. Mannschaft / U23

Er ist der bekannteste Name der Schweizer SCF-Delegation: Nishan Burkart, ein dynamischer, dribbelstarker Angreifer, wechselte 2016 aus dem Nachwuchs des FCZ zum grossen Manchester United, wo er sich bis in die U23 hochspielte. Burkart erzielte auf der Insel viele Tore und entwickelte sich gut, erhielt aber keine Perspektiven in der ersten Mannschaft aufgezeigt. So entschloss er sich 2019 zum Transfer nach Deutschland. In der zweiten Mannschaft des SC Freiburg sorgte er für Furore und war mit 16 Toren in der Regionalliga ein Hauptakteur auf dem Weg zum Aufstieg in die 3. Liga. Seine starken Leistungen in der U23 wurden mit einem Kaderplatz im Profiteam belohnt, im letzten Frühling feierte er gar sein Debüt in der Bundesliga.

Guillaume Furrer (21): U23

Ein zweiter Spieler, der an der Schwelle zu den Profis steht, ist der gebürtige Genfer Guillaume Furrer. Der Linksaussen ist technisch versiert, schlitzohrig und temporeich. Über Servette und den FCZ fand der Junioren-Nationalspieler den Weg ins Breisgau. Tolle Auftritte in der U19 bescherten ihm einen Kaderplatz in der zweiten Mannschaft, in der er dann auch sogleich zu überzeugen wusste. 10 Scorerpunkte (7 Tore, 3 Vorlagen) trug er zum Aufstieg in die 3. Liga bei. Die Sommervorbereitung durfte er als Lohn unter den Augen von Christian Streich mit den Profis bestreiten und sorgte auch dort für viel Eigenwerbung mit schwungvollen Auftritten und Toren in Testspielen. Sein Weg dürfte über kurz oder lang ebenfalls in die Bundesliga führen…

André Barbosa (21): U23

Seit 2018 in Freiburg ansässig, hat Defensivallrounder André Barbosa in dieser Saison einen grossen Entwicklungsschritt genommen. Nachdem er unter Christian Preusser im letzten Jahr einen schweren Stand hatte, eroberte er sich zu Beginn dieser Saison in der U23 einen Stammplatz. Der ehemalige GC-Junior und U20-Nationalspieler geniesst beim neuen Trainer Thomas Stamm, der schon in der U19 auf ihn gebaut hat, viel Wertschätzung für seine gute Einstellung, seine defensive Zuverlässigkeit und seine Vielseitigkeit. In dieser Saison wurde Barbosa in der 3. Liga bereits als rechter Innenverteidiger und als rechter Wingback in einem 3-5-2-System eingesetzt und holte sich dabei gute Noten ab. Bitter: Seit Herbst laboriert er an einer Schulterverletzung und ist seither zum Zuschauen verbannt.

Lars Hunn (22): U23

Lars Hunn galt lange Zeit als grosses Torwarttalent, sein Wechsel 2019 von Ausbildungsklub Aarau nach Freiburg brachte aber nicht den erwünschten Effekt. Statt Bundesliga hiess seine Realität lange Ersatzbank in der Regionalliga. In der letzten Saison stand er immerhin dreimal für die U23 zwischen den Pfosten, heuer wartet er aber noch gänzlich auf einen Einsatz. Dass sich das bald ändern wird, ist zu bezweifeln. Die zweite Mannschaft des SCF verfügt mit Noah Atubolu über einen exzellenten jungen Keeper, der mit 19 Jahren bereits den Sprung in die deutsche U21-Nationalmannschaft geschafft hat. Im Sommer läuft Hunns Vertrag in Freiburg aus, gut möglich, dass dann eine Rückkehr in die Heimat im Raum steht.

Joël Ribeiro (18): U19

Ribeiro gehört zu den aktuell grössten aufstrebenden Schweizer Talenten. Beheimatet im offensiven Mittelfeld oder auf dem Flügel, verzaubert er mit technischer Klasse, Spielübersicht und Dribbelstärke die Zuschauer und kreiert Torchancen für seine Mitspieler. In Bruno Berners U19-Nati ist der gebürtige Waadtländer ein Stammgast und erfährt viel Wertschätzung. Dasselbe gilt für den SC Freiburg, wo er in der A-Junioren Bundesliga in dieser Saison mit 5 Scorerpunkten (2 Tore, 3 Vorlagen) in 9 Partien für Aufsehen sorgt. Ausgebildet wurde Ribeiro bei Lausanne-Sport, 2019 wechselte er in den Nachwuchs von Juventus. Die Italiener liehen ihn danach nach Deutschland aus. Wie es im Sommer mit ihm weitergeht, ist noch nicht geklärt – die Freiburger hätten aber kaum etwas dagegen, wenn er ihnen erhalten bliebe.

Till Mühlethaler (18): U19

Till Mühlethaler ist hierzulande noch nicht sehr bekannt, gehört von allen aktuellen Schweizer SCF-Kickern aber zu den vielversprechendsten. Ausgebildet beim FC Thun und dort gar zum Captain aufgestiegen, wechselte der variabel einetzbare Aussenbahnspieler 2019 in den Nachwuchs der Breisgauer. Dort entwickelte sich Mühlethaler prächtig weiter und feierte im letzten Herbst sein Debüt in der U19-Nati. In der A-Junioren Bundesliga ist der Berner Oberländer gesetzt, sein Speed, sein Biss und seine Dynamik machen ihn für sein Team unverzichtbar. Ein grosses Plus ist seine Polyvalenz: Mühlethaler kann die rechte Aussenbahn sowohl offensiv, als auch defensiv bekleiden. Das Gesamtpaket aus Athletik, Einstellung und Technik passt. Gut möglich, dass er sich im Training bald einmal Christian Streich zeigen darf.

Leorat Bega (18): U19

Leorat Bega ist der dritte Schweizer in Freiburgs U19-Mannschaft und genau wie Mühlethaler zählt auch er zu den talentiertesten seiner Generation. Im letzten Sommer wechselte der 1,93m grosse Defensivallrounder aus dem Servette-Nachwuchs nach Deutschland. Neben seiner phyischen Präsenz und seiner Haarpracht beeindruckt er vor allem durch bestechende technische Fertigkeiten, Zweikampfhärte und Spielintelligenz. Am besten aufgehoben ist Bega im defensiven Mittelfeld, wo er einerseits mit dem Ball am Fuss vorstossen und offensive Lösungen kreieren und andererseits seinen Körper und seine Standhaftigkeit zur Verhinderung von gegnerischen Torchancen nutzen kann. Auch in der Innenverteidigung findet sich Bega zurecht, in der A-Junioren Bundesliga musste er im Herbst häufig auf dieser Position ran.

Bruno Ogbus (16): U17

Der neuste (und jüngste) Schweizer auf dem Freiburger Campus ist Sturmtalent Bruno Ogbus. Der physisch starke, explosive Angreifer wechselte in diesem Winter aus der GC-Jugend zum Bundesligisten. Vorerst wird er in der U17 des SCF zum Einsatz kommen, wo er sich zuerst ans neue Umfeld anpassen und mit der höheren Intensität zurechtkommen muss. Gelingt ihm das, dürfte er in naher Zukunft einen ähnlichen Weg wie Mühlethaler & co. gehen, die sich Stufe für Stufe nach oben arbeiten mit dem Ziel, eines Tages in der Bundesliga auf dem Rasen zu stehen…

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