Von Bulgarien bis Argentinien: Fünf unbemerkt spannende Schweizer Sommertransfers

Der Transfersommer 2023 hat aus Schweizer Perspektive viele Geschichten geliefert. Nicht alle Wechsel haben aber jene Aufmerksamkeit erhalten, die sie verdient hätten. Zeit daher, auf fünf unbemerkt spannende Schweizer Transfers im Sommer 2023 zu blicken.

Granit Xhaka zu Bayer Leverkusen, Noah Okafor zu AC Mailand oder Denis Zakaria zur AS Monaco bedeutende Transfers wie diese haben im Sommer 2023 die Schweizer Fanseele elektrisiert. Abseits der grossen Bühne haben andere, weit weniger bekannte Schweizer Fussballer aber ebenfalls teils hochinteressante Wechsel vollzogen.

Von Bulgarien bis Argentinien: Wir stellen diese unbemerkt spannenden Schweizer Sommertransfers ins Rampenlicht.

Maxime Dominguez: Plötzlich Schlüsselspieler in Portugal

Maxime Dominguez (27) hat einen irren Transfersommer hinter sich: Anfangs Juli unterschreibt der Genfer beim polnischen Meister Rakow Czestochowa. Dafür empfohlen hat sich der technisch versierte offensive Mittelfeldspieler mit starken Leistungen in der Ekstraklsa beim Aufsteiger Miedz Legnica. Doch für Rakow bestreitet Dominguez nur ein einziges Spiel dann zieht er nach wenigen Wochen bereits wieder weiter. Der Grund: Kurz nach seinem Transfer flattert eine interessante Offerte aus Portugal herein. Gil Vicente Europacup-Teilnehmer im Vorjahr – möchte ihn gerne an die Atlantikküste lotsen. Kurzerhand folgt Dominguez dem Lockruf aus Portugal und unterschreibt bei Gil Vicente einen Vertrag bis 2026.

Duelo entre equipas em crescendo | FC Porto X Gil Vicente FC

Dieser Entscheid stellt sich als goldrichtig heraus. Zum Saisonstart beeindruckt Dominguez mit starken Leistungen und macht schnell von sich reden. Auf Anhieb erobert er einen Stammplatz und brilliert mit 6 Scorerpunkten (3 Tore, 3 Vorlagen) in den ersten 8 Einsätzen. Dominguez unterstreicht damit seinen kometenhaften Aufstieg: Jahrelang pilgerte er in der Schweiz zwischen Challenge-League-Klubs umher, ohne sich je in der höchsten Liga einen Namen gemacht zu haben. Nun ist er plötzlich ein Shootingstar in Portugal. Dank dem kreativen Umweg über Polen hat er den Sprung zu einer erfolgreichen Karriere geschafft. Ein Paradebeispiel dafür, dass sich ein Schritt aus der Komfortzone hinein in unbekannte Gewässer absolut auszahlen kann.

Dominguez‘ erstes Tor in Portugal war übrigens eine Augenweide: ein direkt verwandelter Freistoss gegen Benfica Lissabon!

Josias Lukembila: Aus der Challenge League in die Stadt der Liebe

Am internationalen Deadline Day verzeichnet die Challenge League einen namhaften Abgang: Josias Lukembila (24) verlässt den FC Wil nach zwei erfolgreichen Jahren und wechselt in die Stadt der Liebe. Zwar nicht zu Paris Saint-Germain, dafür aber zum Paris FC aus der Ligue 2. Eine gute Adresse, auch wenn es nicht ganz für PSG gereicht hat. Jahr für Jahr bringt die Ligue 2 hochbegabte junge Spieler hervor, die von dort aus zu grossen Karrieren in ganz Europa aufbrechen. Dieselbe Hoffnung dürfte auch der frühere Schweizer U-Nati-Stürmer hegen. Erstmals in seiner Karriere spielt er nun im Ausland. Den Wechsel verdient hat sich Lukembila mit insgesamt 35 Scorerpunkten (19 Tore, 16 Assists) in 75 Einsätzen für den FC Wil.

Das Abenteuer in Paris hat der Waadtländer ideal lanciert. Bei seinem Debüt gegen Amiens trifft er sogleich zur Führung. Aktuell steht Lukembila bei 2 Treffern in den ersten 4 Partien – eine tolle Quote. Die Ligue 2 ist qualitativ deutlich über der Challenge League anzusiedeln. Dass er in Paris gleich derart schnell zündet, ist daher keine Selbstverständlichkeit. Spricht aber für seine Qualität. Mit seiner Kraft und Explosivität passt Lukembila ideal in den athletischen französischen Fussball. Kann er diese Form konservieren, ist ein baldiger nächster Schritt kein Ding der Unmöglichkeit. Gut vorstellbar, dass auch der Schweizer Angreifer das Sprungbrett Ligue 2 ideal nutzen kann.

Lucas Blondel: Ein unbekannter Schweizer in Buenos Aires

Lucas Blondel (27) – schon mal gehört? Wahrscheinlich kaum. Denn: Der Rechtsverteidiger hat seine gesamte Karriere in Argentinien verbracht. Und damit in jenem Land, in dem er 1996 als Sohn des früheren Waadtländer Tennis-Spielers Jean-Yves Blondel zur Welt gekommen ist. Lucas besitzt die doppelte Staatsbürgerschaft, ist im Elternhaus neben Spanisch auch mit Französisch aufgewachsen. In den letzten Jahren hat sich seine Fussballkarriere in eine überaus erfolgreiche Richtung entwickelt. Nach Jahren in der 2. Liga stieg er 2021 mit dem Club Atlético Tigre in die höchste Liga auf. Dort glänzte er mit starken Leistungen und machte sich mit Dynamik, technischer Klasse und energischer Defensivarbeit einen Namen. In diesem Sommer wurde er für seine tolle Entwicklung belohnt – und zwar mit einem Traum-Transfer zu den Boca Juniors.

Der Klub aus Buenos Aires ist ein Gigant des südamerikanischen Fussballs, das Stadion La Bombonera für seine einmalige Atmosphäre weltweit bekannt. Bei den Boca Juniors unterschrieb der Aussenverteidiger einen langfristigen Vertrag bis 2027. Und der Einstand ist Blondel gelungen. In seinen ersten 5 Einsätzen erzielte der offensivstarke Rechtsverteidiger gleich 2 Tore. Macht er so weiter, muss sich der Schweizer Verband fast schon zwangsläufig um Blondel bemühen. Wer sich im Land des Weltmeisters bei einem nationalen Spitzenverein durchsetzt, der wird ohne Zweifel auch der Nati weiterhelfen können. Besonders, wenn man an die spärlich besetzte Aussenverteidigerposition denkt…

Kwadwo Duah: Beim bulgarischen Topklub auf Tor- und Titeljagd

Dass ein ausländischer Spitzenverein einen Schweizer Spieler zum neuen Rekordzugang macht, kommt nicht alle Tage vor. In diesem Sommer aber geschah genau das. Stolze 3 Millionen Euro gab der bulgarische Serienmeister Ludogorets Rasgrad aus, um Kwadwo Duah (26) unter Vertrag zu nehmen. Kein Spieler liessen sich die «Adler» je mehr kosten als den Schweizer Angreifer. Erst vor einem Jahr verliess dieser die Super League in Richtung Nürnberg und 2. Bundesliga – dort empfahl er sich mit 11 Toren im Nu für den nächsten Schritt. Duahs neuer Verein ist eine grosse Adresse in Osteuropa, Ludogorets gewann in den letzten 12 Jahren stets den Meistertitel und ist ausserdem Dauergast im Europapokal.

Duahs Start in Bulgarien ist geglückt. Bei seinem Debüt registrierte der Berner gleich zwei Vorlagen. Dann aber der Schock: In seinem zweiten Einsatz zog er sich einen Syndesmosebandriss zu. Die Folge: OP und zwei Monate Zwangspause. Aktuell befindet sich der frühere FCSG-Angreifer im Wiederaufbau. Einmal zurück auf dem Platz, hat der Rekordtransfer so einiges zu beweisen. Dass Duah die Qualität besitzt, um in Bulgarien und in der Conference League für Furore zu sorgen, steht ausser Frage. Viele Spieler mit vergleichbarer Explosivität und Dynamik gibt es nicht. Dank dieser besonderen Athletik – und einem guten rechten Fuss – ist Duah im letzten Jahr bereits auf dem Radar von Nati-Trainer Murat Yakin gelandet. Gut möglich, dass er angesichts seines speziellen Profils dereinst einmal eine Chance in der Nationalmannschaft erhält. Vorausgesetzt, er setzt seine positive Entwicklung der letzten Jahre weiter fort.

Eman Kospo: Ein Schweizer in „La Masia“

Im Frühling war er noch Teil unserer Serie „Next Generation„, nun nimmt Eman Kospo (16) bereits den nächsten Schritt. Und der hat es in sich. Vom GC-Campus aus zog der Captain der Schweizer U17-Nationalmannschaft in diesem Sommer zum grossen FC Barcelona. Dort wurde Kospo vorerst in die U19 integriert, mit der er auch in der UEFA Youth League antritt. Der Plan ist klar: Über Barças legendäre Nachwuchsakademie „La Masia“ soll der grosse Durchbruch gelingen. Im zarten Alter von 16 Jahren misst der wuchtige Innenverteidiger bereits stolze 1,91m. Diese eindrückliche Körperlichkeit, gepaart mit Souveränität und Leaderfähigkeiten, hat die Katalanen auf den Plan gerufen. Und hat Kospo weit über die Landesgrenzen hinaus den Ruf eines Toptalents eingebracht.

Der Wechsel nach Barcelona ist allerdings mit Risiken verbunden. Denn der Verlust des vertrauten Umfelds, die härtere Konkurrenzsituation und der grössere Leistungsdruck haben Auswirkungen, die nicht zu unterschätzen sind. Gerade für einen Teenager. Viele junge Schweizer Fussballer sind nach frühen Wechseln zu ausländischen Topklubs gescheitert. Beispiele wie Lorenzo Gonzalez (Ex-ManCity), Rubel Del Campo (Ex-Atlético) oder Yannick Toure (Ex-Newcastle) sollten Kospo und seinem Umfeld Warnung genug sein. Trotzdem ist auch klar: Der talentierte Verteidiger hat alle Anlagen, um es nach ganz oben zu schaffen. Setzt er sich in Barcelona durch, sind ihm kaum Grenzen gesetzt. Die Devise daher: hart arbeiten, um den Traum vom Camp Nou Realität werden zu lassen!

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