Wachsende Kritik an Bürki: Wäre Hitz die bessere Nummer 1 für Dortmun

Ende Januar befindet sich Dortmund nicht wie gewünscht im Meisterschaftsrennen, sondern muss sich vielmehr dem Kampf um einen direkten Champions League-Platz stellen. Insbesondere wird die Kritik an Roman Bürki lauter. Mit Marwin Hitz sitzt ein weiterer Schweizer als Nummer 2 auf der Dortmunder-Bank. Nun fordern einige Stimmen, dass Hitz Bürki zumindest bis Saisonende im BVB-Tor beerben sollte. Doch macht ein Torwartwechsel für die Westfalen Sinn? Bolzplazz stellt die beiden Schweizer Goalies einander gegenüber und macht den Check.

Spielweise

Roman Bürki:

Vor allem wegen seiner Zeit bei den Grasshoppers dürfte Bürki bei vielen Schweizer Fussballfans den Ruf eines aggressiven und kompromisslosen Torwarts haben. Gerade in jungen Jahren beziehungsweise in seiner Zeit in der Super League verkörperte Bürki den „wilden Torwart“ wie kein Zweiter. Damals ging der in Münsingen geborene Keeper stets fast schon ungestüm und ohne jegliche Furcht in sämtliche Luftduelle und Zweikämpfe. Auch in der einen Spielzeit beim Sportclub aus dem Breisgau waren jene Tendenzen noch klar zu erkennen. Mit seinem Wechsel in den Ruhrpott im Sommer 2015 und dementsprechend mit zunehmendem Alter und Erfahrung, wurde Bürkis Torwartspiel deutlich gemässigter. Riskante Situationen, in denen Bürki Kopf und Kragen riskiert, sind mit den Jahren eher weniger geworden. Trotzdem ist Bürki auch in Dortmund immer noch ein aktiver und äusserst athletischer Torwart. Sein muskulöser und kompakter Körperbau hilft ihm, diese Athletik im Spiel einzusetzen.

© bvb.de

Marwin Hitz:

Der in St. Gallen geborene Hitz kann dagegen in puncto Spielweise als das pure Gegenteil von Bürki bezeichnet werden. Mit 1,94 m und seinem schlaksigen Äusseren verkörpert Hitz nicht unbedingt einen athletischen Spektakel-Goalie. Vielmehr hat er eine gewisse Konstanz in seinen Aktionen und besticht durch seine ruhige Ausstrahlung. Der Ostschweizer kann also eher in die Kategorie des „klassischen Torwarts“ eingeordnet werden. Ohne jegliche Abwertung ist er von seiner Art her noch ein Schlussmann alter Schule.

Stärken und Schwächen

Marwin Hitz:

Wie eben beschrieben, überzeugt der ehemalige Augsburger vor allem durch seine Stabilität und Konstanz. Einfach umschrieben ist Hitz ein Torhüter ohne herausragende Stärke aber auch ohne wirklich erkennbare Schwäche ­­– grundsolide eben. Die fussballerischen Fähigkeiten von Hitz werden vielfach unterschätzt. Der Rechtsfuss ist zwar kein begnadeter Techniker, doch im Aufbauspiel nimmt er gerne auch mal ein gewisses Risiko bei kurzen Pässen und macht seine Sache insgesamt sehr ansprechend. Durch seine Grösse und die langen Arme hat er sowohl auf der Linie, als auch in der Strafraumbeherrschung, bei Standardsituationen und im 1 vs. 1 gute Grundvoraussetzungen. Hitz ist nicht der grösste Lautsprecher auf dem Platz, doch mit seiner Erfahrung strahlt er für seine Mitspieler eine wertvolle Ruhe aus. Müsste man eine Schwachstelle benennen, wäre es am ehesten die Ballsicherheit bei satten Schüssen. Ebenfalls fehlt Hitz ein Stück weit die Explosivität im Vergleich zu Roman Bürki.

© Tim Groothuis / Witters / freshfocus

Roman Bürki:

Die Fähigkeiten von Roman Bürki lassen sich deutlich einfacher in Stärken und Schwächen unterteilen. Die herausragenden Eigenschaften liegen beim mittlerweile 30-Jährigen in seiner angesprochenen Athletik. Bürki gleicht seine – für einen Torwart durchschnittliche – Körpergrösse von 1,87 mit einer enormen Sprungkraft aus. Seine Reflexe und Paraden auf der Linie sind sehr stark. Seine Handlungsschnelligkeit in unübersichtlichen Situationen im Fünferraum sticht ebenfalls heraus. Das Spiel mit Ball am Fuss ist bei Dortmunds Nummer 1 ein etwas zweischneidiges Schwert: Hintenheraus gespielte kurze Pässe sind meistens sauber, dagegen landen viele lange Bälle direkt wieder beim Gegner oder im Seitenaus. Die Anfälligkeit des BVB bei gegnerischen Standards ist in Deutschland mittlerweile wohlbekannt. Bürki hat mit seiner mässigen Strafraumbeherrschung Mitschuld an den vielen Gegentoren nach Ecken oder Freistössen. Vielfach wird ihm bei Standards der Hang auf der Linie kleben zu bleiben oder sein suboptimales Timing zum Verhängnis. Der neunfache Schweizer Internationale hat sich in seiner Zeit bei Borussia Dortmund langsam aber stetig zu einem Führungsspieler hochgearbeitet. Auf dem Platz kann er daher auch mal laut werden und seine Vorderleute zurechtweisen. Jedoch fehlt ihm in entscheidenden Momenten etwas die Ausstrahlung und Ruhe eines echten Leaders, auf den sich seine Mitspieler vollkommen verlassen könnten.

Statistiken

Der Einfachheit halber beschränken sich die nachfolgenden Werte der beiden Tormänner ausschliesslich auf Einsätze im Trikot des BVB. Roman Bürki stand in dieser Saison wettbewerbsübergreifend in 20 Partien auf dem Rasen. In diesen 1‘800 Spielminuten kassierte er 27 Gegentore und spielte sieben Mal zu Null. Landsgenosse Marwin Hitz hütete in dieser Spielzeit insgesamt in sieben Spielen das Tor des BVB (u.a. im Supercup). Dabei musste er sieben Gegentreffer hinnehmen und hielt seinen Kasten in vier Partien sauber. Viel spannender ist jedoch der Vergleich der Punkteausbeute der beiden Schweizer in dieser Saison: Mit Bürki im Tor holten die Westfalen im Schnitt 1.65 Punkte pro Partie, mit Hitz sind es hingegen deutlich mehr Zähler, nämlich durchschnittlich deren 2.14. Doch nicht nur in dieser Spielzeit spricht die Punktestatistik mehr für Marwin Hitz als für Roman Bürki: In seinen total 19 Spielen für Schwarzgelb kann Hitz 2.42 Punkte pro Partie vorweisen, während Bürki in 228 Spielen zwischen den Pfosten im Schnitt nur 1.91 Zähler sammeln konnte. Natürlich, man kann Hitz‘ 19 und Bürkis 228 Einsätze nicht miteinander gleichsetzen, dennoch lassen sich aus diesen Zahlen bestimmte Tendenzen ablesen, die für Hitz sprechen.

Fazit

Geringere Fehleranfälligkeit, ruhigere Ausstrahlung und die nackte Punktestatistik: Dies alles spricht ganz klar für Hitz. In der momentanen unruhigen Situation täte Edin Terzic gut daran, einen Torhüterwechsel bis Ende der Saison zumindest in Betracht zu ziehen. Die derzeitigen Leistungen von Bürki rechtfertigen seinen unangefochtenen Status als Nummer 1 kaum. Marwin Hitz – seinerseits absoluter Musterprofi – hätte die Chance, sich als Stammkraft zu beweisen,absolut verdient. Er wäre sicherlich auch mit seinen 33 Jahren noch hochmotiviert, diese Herausforderung anzunehmen. Hitz‘ sicherheitsvermittelnde Ausstrahlung könnte ein erstes „Sofortheilmittel“ gegen die vielen Standard-Gegentore und die generellen Defizite im Abwehrverhalten des BVB sein.

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